Rz. 436

Die satzungsmäßige Vermögensbindung im Falle der Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zwecks wird ausdrücklich und ausführlich im Gesetz geregelt (§ 61 AO). Eine steuerlich ausreichende Vermögensbindung (§ 55 Abs. 1 Nr. 4 AO) liegt vor, wenn der maßgebende Verwendungszweck des Vermögens im Falle einer Auflösung oder Aufhebung oder eines Wegfalls steuerbegünstigter Zwecke so genau bestimmt ist, dass seine Steuervergünstigung aufgrund der Satzung geprüft und bejaht werden kann (sogenannte Anfallsklausel, vgl. § 61 Abs. 1 AO). Als Empfänger des Vermögens kommen inländische steuerbegünstigte Körperschaften, beschränkt steuerpflichtige, gemeinnützige Körperschaften i. S. d. § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG oder juristische Personen des öffentlichen Rechts in Betracht.[631] Die satzungsmäßige Festschreibung der künftigen Vermögensverwendung hat die Funktion eines "Buchnachweises".[632] Allgemein gehaltene Formulierungen von sogenannten Treuhandklauseln genügen diesen Anforderungen nicht, da sie die konkrete steuerbegünstigte Verwendung des Vermögens nicht gewährleisten.[633]

 

Rz. 437

Nach § 5 der Mustersatzung[634] bestehen zwei Möglichkeiten für die satzungsmäßigen Angaben des künftigen Verwendungszwecks:

 

Rz. 438

Zum einen kann als Empfänger eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine andere steuerbegünstigte Körperschaft konkret bezeichnet werden (Anlage 1 zu § 60 AO, § 5 Nr. 1). Im Übrigen sind allgemeine Bestimmungen ausreichend, denen zufolge das Vermögen unmittelbar und ausschließlich für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke zu verwenden ist. Eine Überlassung für satzungsmäßige Zwecke ist nicht ausreichend, da diese nicht auch zwangsläufig gemeinnützig sein müssen.[635] Ebenso wenig genügen allgemein gehaltene Formulierungen von sogenannten Treuhandklauseln.[636] Gesichtspunkte außerhalb der Satzung werden in die Auslegung nicht mit einbezogen.[637] Wird eine bestimmte Körperschaft als Anfallsberechtigter in der Satzung genannt, so war bisher vor Erteilung einer vorläufigen Bescheinigung der Gemeinnützigkeit auch die Zustimmung des Anfallsberechtigten bzw. dessen aktueller Freistellungsbescheid einzureichen.[638] Im Rahmen des mit dem Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts eingeführten Feststellungsverfahrens hinsichtlich der satzungsmäßigen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit (§ 60a AO n. F.) dürfte Entsprechendes gelten.

 

Rz. 439

Zum anderen kann als Empfängerin eine Körperschaft des öffentlichen Rechts oder eine andere steuerbegünstigte Körperschaft nach allgemeinen Angaben beschrieben werden, insbesondere unter genauer Nennung eines bestimmten steuerbegünstigten Zwecks (Anlage 1 zu § 60 AO, § 5 Nr. 2). Sieht eine Stiftungssatzung lediglich vor, dass das Vermögen an eine nicht näher bestimmte steuerbegünstigte Körperschaft fällt, ohne einen konkreten Verwendungszweck zu nennen, genügt sie nicht den Anforderungen des § 61 AO.[639]

 

Rz. 440

§ 61 Abs. 1 AO sieht vor, dass sowohl für die Fälle der Auflösung und Aufhebung der Körperschaft als auch für den Fall des Wegfalls ihres steuerbegünstigten Zwecks ein künftiger Verwendungszweck angegeben werden muss. Liegt nicht für alle diese genannten Situationen eine entsprechende Bestimmung über den künftigen Verwendungszweck vor, ist eine unzureichende Vermögensbindung anzunehmen. Wenn indes die Satzung eines Vereins (der nach zivilrechtlichen Regeln anders als eine staatlich beaufsichtigte rechtsfähige Stiftung nicht aufgehoben, sondern nur aufgelöst werden kann) keine Regelung für den Fall der Aufhebung enthält, ist dies unschädlich.[640]

 

Rz. 441

Der anzugebende Verwendungszweck muss nicht mit den satzungsmäßigen Zwecken, welche die auskehrende Körperschaft verfolgt, übereinstimmen. Entscheidend ist nur, dass es sich ebenfalls um einen steuerbegünstigten Zweck handelt. Ein zwischenzeitlicher Wegfall der Steuerbegünstigung des Anfallsberechtigten führt nicht zwangsläufig zur Unvereinbarkeit der Vermögensanfallsklausel einer Stiftung mit dem Gemeinnützigkeitsrecht. Für die Beurteilung, ob eine steuerlich ausreichende satzungsmäßige Vermögensbindung i. S. d. § 61 Abs. 1 AO vorliegt, kommt es auf das Verhalten des Steuerpflichtigen und der ihm bekannten Umstände an und nicht auf die Entscheidung der Finanzverwaltung über die Gemeinnützigkeit des Destinatärs.[641]

 
Hinweis

Anpassung der Vermögensbindungsbindungsklausel bei Altfällen

Ausnahmen zum Grundsatz der satzungsmäßigen Vermögensbindung (§ 62 AO) wurden mit Wirkung vom 1.1.2009 aufgehoben und finden sich allenfalls noch in alten Stiftungssatzungen.[642] Anlässlich der nächsten Satzungsänderung ist dann eine Vermögensbindungsklausel aufzunehmen.

 

Rz. 442

Ausländische Körperschaften als Anfallsberechtigte

Die Vermögensbindung zugunsten einer ausländischen Körperschaft oder Körperschaft des öffentlichen Rechts ist grundsätzlich unzulässig.[643] Eine Ausnahme bilden beschränkt steuerpflichtige gemeinnützige Körperschaften aus der EU bzw. aus dem EWR (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG...

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