Rz. 428

Neben der tatsächlichen Geschäftsführung muss auch die Satzung einer steuerbegünstigten Körperschaft den Bestimmungen des Gemeinnützigkeitsrechts entsprechen. Aus der Satzung muss sich ergeben, dass die Körperschaft einen oder mehrere gemeinnützige Zwecke verfolgt und dass dies selbstlos, ausschließlich und unmittelbar geschieht.[611]

 

Rz. 429

Da die Satzung die gesetzlichen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit erfüllen muss, sind die notwendigen Angaben in der Satzung selbst zu nennen.[612] Bezugnahmen auf andere Regelungen oder Satzungen sind nicht ausreichend. Der Satzungszweck muss als begrifflich fest umrissenes, gedankliches Konzept in der Satzung dargestellt sein. Ob sich alle notwendigen Bestimmungen aus der Satzung ergeben, ist im Wege der Satzungsauslegung zu ermitteln. Die satzungsmäßige Festschreibung hat die Funktion eines Buchnachweises.[613] Umstände außerhalb der Satzung dürfen daher grundsätzlich nicht zur Auslegung herangezogen werden.[614] Seit Inkrafttreten des JStG 2009[615] müssen Satzungen neu gegründeter gemeinnütziger Körperschaften die in Anlage 1 zu § 60 AO bezeichneten Festlegungen enthalten (§ 60 Abs. 1 Satz 2 AO).[616] Das gilt auch, wenn die Satzung einer bestehenden gemeinnützigen Körperschaft in irgendeinem Punkt geändert wird (vgl. Art. 97 § 1f EGAO).[617]

 
Hinweis

Festlegung der Mustersatzung anlässlich von Satzungsänderungen

Eine Satzung braucht nicht allein deshalb geändert zu werden, weil in ihr die Vorschriften der steuerlichen Mustersatzung nicht verwendet werden.[618] Anlässlich einer Änderung der Satzung sind – auch wenn die Änderung keine steuerlichen Fragen berührt (wie z. B. bei einer Änderung der Beschlussfassungsregeln) die Bestimmungen der Mustersatzung mit aufzunehmen. Stiftungen, die seit dem 1.1.2009 ihre Satzung geändert haben ohne eine Übereinstimmung mit der steuerlichen Mustersatzung herbeizuführen, sollten gemeinsam mit ihrem steuerlichen Berater überlegen, wie dieser "versehentliche" Verstoß gegen die formelle Satzungsmäßigkeit ohne steuerlich nachteilige Folgen beendet werden kann.

 

Rz. 430

Die Notwendigkeit einer wortwörtlichen Übernahme des Textes der Anlage 1 zu § 60 AO[619] wird im Schrifttum mit Hinweis auf den Wortlaut des § 60 Abs. 1 Satz 2 AO und die gesetzgeberische Einstufung des in Anlage 1 zu § 60 AO abgedruckten Textes als "Mustersatzung" abgelehnt.[620] In der Praxis sollten die Festlegungen allerdings möglichst wortgetreu wiedergegeben werden.[621]

 
Hinweis

Weitere gemeinnützigkeitsrechtlich erforderliche Satzungsbestandteile

Über die Festlegungen der Mustersatzung hinaus fordern die örtlichen Finanzämter teilweise zusätzliche Bestimmungen, etwa die Verpflichtung zur zeitnahen Veröffentlichung von Forschungsergebnissen für forschungsfördernde Körperschaften oder die Verpflichtung zur Ausschreibung von Stipendien. Durch diese Bestimmungen soll die Einhaltung gemeinnützigkeitsrechtlicher Vorgaben, etwa die Förderung der Allgemeinheit, sichergestellt werden.

 

Rz. 431

Satzungen steuerbegünstigter Körperschaften dürfen nach der Rechtsprechung auch solche Bestimmungen enthalten, welche die Steuerbegünstigung ausschließen würden, wenn sie zum Satzungszweck gehörten.[622] Eine den Gegenstand eines Unternehmens regelnde Satzungsbestimmung, die nicht nur die Verfolgung gemeinnütziger Zwecke nennt, sondern auch die Gewinnung von Mäzenen und Sponsoren, ist indessen ebenso gemeinnützigkeitsschädlich wie ein Passus im Satzungszweck, welcher einer Gesellschaft die Möglichkeit einräumt, andere Unternehmen gleicher oder ähnlicher Art zu übernehmen, sich an ihnen zu beteiligen oder ihre Geschäfte zu führen.[623] Dass ein Satzungszweck "Unterhalten eines Nichtzweckbetriebs" die Steuervergünstigungen ausschließt, führt keineswegs dazu, dass schon jede Satzungsbestimmung über das Unterhalten von Nichtzweckbetrieben diese Rechtsfolge auslöst.[624]

 

Rz. 432

Diese Rechtsprechung zeigt, wie wichtig es ist, bei der Gestaltung von Satzungen besondere Sorgfalt auf exakte Formulierungen zu verwenden. Insbesondere auf die klare und eindeutige Abgrenzung der von der Körperschaft zu verfolgenden Zwecke von den hierfür zur Verfügung stehenden Mitteln und Instrumenten ist besonderes Augenmerk zu legen.

 
Hinweis

Regelung steuerlich unschädlicher Betätigungen in der Satzung

Im Rahmen der Satzungsgestaltung sollten Tätigkeiten, die nicht der Erfüllung des gemeinnützigen Zwecks dienen, sondern welche insbesondere Fragen der Vermögensverwaltung oder von wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben betreffen (z. B. die entgeltliche Verwaltung treuhänderischer Stiftungen), nicht unter die Überschrift "Stiftungszweck" gefasst werden, sondern an anderer Stelle der Satzung geregelt werden.

 

Rz. 433

Hinsichtlich der Beurteilung, ob eine Satzung den Anforderungen des § 60 AO genügt, sind alle Einzelfallumstände zu berücksichtigen: Je unbekannter bzw. begrifflich unschärfer ein Konzept ist, das dem verfolgten Zweck zugrunde liegt, umso weitgehender sind die Zweckverwirklichungsmaßnahmen zu konkretisiere...

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