Rz. 354

Eine Körperschaft verfolgt kirchliche Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, eine Religionsgemeinschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, selbstlos zu fördern (§ 54 AO).[460]

Gesetzliche Regelbeispiele für kirchliche Zwecke sind die Errichtung, Ausschmückung und Unterhaltung von Gotteshäusern und kirchlichen Gemeindehäusern, die Abhaltung von Gottesdiensten, die Ausbildung von Geistlichen, die Erteilung von Religionsunterricht, die Beerdigung und die Pflege des Andenkens der Toten, ferner die Verwaltung des Kirchenvermögens, die Besoldung der Geistlichen, Kirchenbeamten und Kirchendiener, die Alters- und Behindertenversorgung für diese Personen und die Versorgung ihrer Witwen und Waisen (§ 54 Abs. 2 AO). Diese Aufzählung ist nicht abschließend.[461] Die Unterhaltung von Gebäuden für hohe Kirchenbeamte fällt nicht darunter.

 

Rz. 355

Bei der geförderten Religionsgemeinschaft muss es sich um eine solche des öffentlichen Rechts handeln. Ist dies nicht der Fall, kann nur die Förderung der Religion im Rahmen der Gemeinnützigkeit in Betracht kommen.[462] In diesem Fall ist daher zu beachten, dass die Förderung religiöser Zwecke gleichzeitig auch gemeinnützig sein muss, während es für kirchliche Zwecke nicht auf die Gemeinnützigkeit im engeren Sinne ankommt.[463] Für den Fall der Verfolgung kirchlicher Zwecke setzt eine Steuerbegünstigung demnach nicht die Förderung der Allgemeinheit voraus.

 

Rz. 356

Die Unterscheidung zwischen der Förderung kirchlicher Zwecke (§ 54 AO) und der Förderung der Religion (§ 52 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AO) ist vor allem dann von Bedeutung, wenn auch die Förderung im Ausland erwogen wird. Während bei Förderung kirchlicher Zwecke die Verbindung über die inländische Religionsgemeinschaft gegeben sein muss, z. B. Missionen oder Hilfsprojekte der beiden großen Kirchen,[464] ist die Förderung der Religion weiter gefasst. In jedem Fall muss es sich bei dem ausländischen Empfänger um eine Körperschaft (aufgrund eines Vergleichs der ausländischen Rechtsform)[465] handeln, und die Zweckverwirklichung muss der Allgemeinheit dienen, vgl. §§ 52 Abs. 1 Satz 1, 58 Nr. 1 AO.

[460] Umfassend zu kirchlichen Stiftungen Koss/Koß, in Strachwitz/Mercker (Hrsg.), Stiftungen in Theorie, Recht und Praxis, S. 409 ff.
[461] Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, § 3 Rn. 179.
[462] AEAO zu § 54 AO.
[463] Pöllath/Richter, in Seifart/v. Campenhausen (Hrsg.), Stiftungsrechts-Handbuch, § 43 Rn. 41
[464] Vgl. Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, § 3 Rn. 179.
[465] Vgl. Fischer, in Hubschmann/Hepp/Spitaler, AO, § 58, Rn. 34.

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