Rz. 1

Bei den USA handelt es sich um einen Mehrrechtsstaat. Kennzeichnend hierfür ist als Ausfluss der horizontalen Gewaltenteilung eine Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen zwischen dem Bund (federal law) auf der einen Seite und den Einzelstaaten (state law) auf der anderen Seite. Aus diesem Grund gibt es in den USA kein einheitliches Gesellschaftsrecht. Das Gesellschaftsrecht ist in den USA vielmehr Recht der einzelnen Staaten. Jeder einzelne Staat in den USA hat somit sein eigenes Personen- und Kapitalgesellschaftsrecht, wobei allerdings jeder Staat dieselben Gesellschaftsformen kennt.

 

Rz. 2

Hauptgesellschaftsformen des US-amerikanischen Gesellschaftsrechts sind die, je nach Ausgestaltung und Zweck, der deutschen GbR oder OHG vergleichbare general partnership (GP) und die der deutschen KG entsprechende limited partnership (LP) als Personengesellschaftsform sowie die corporation (Inc., Corp., Ltd.). Die als Kapitalgesellschaft ausgestaltete corporation wird in der Praxis sowohl für börsennotierte Unternehmen als auch für Kleinunternehmen verwendet. Wenn die corporation als close corporation ausgestaltet ist, verfügt sie über Elemente einer Personengesellschaft. Die close corporation steht von ihrer Struktur her der deutschen GmbH am nächsten. In der Praxis wurde ihr aber von der limited liability company (LLC) der Rang abgelaufen, da mit dieser die Doppelbesteuerung des Gesellschaftsgewinns sowohl bei der Gesellschaft als auch bei der Ausschüttung an die Gesellschafter in Fällen vermieden werden kann, in denen dies bei einer close corporation nicht möglich wäre (siehe Rdn 180). Die meisten der einzelstaatlichen Gesellschaftsrechte enthalten für die close corporation Sonderregelungen, die die allgemeinen, für alle corporations geltenden Vorschriften ergänzen oder sogar ersetzen. Im Jahr 2019 gab es in den USA ca. 7.333.500 corporations.[2] Die corporation ist damit die am weitesten verbreitete Gesellschaftsform.

 

Rz. 3

Eine neuere Gesellschaftsform ist die limited liability company (LLC). Die LLC ist als Personengesellschaft mit gesetzlicher Haftungsbegrenzung konzipiert. Die LLC zeichnet sich durch äußerste Flexibilität in Bezug auf ihre Ausgestaltung aus. Sie kann sowohl kapitalgesellschaftliche als auch personengesellschaftliche Elemente aufweisen. Insbesondere kann die Geschäftsführung sowohl Gesellschaftern (member) als auch externen Geschäftsführern (manager) übertragen werden. Anteile an einer LLC sind vertragliche Rechte, die meist unverbrieft sind. Sie werden i.d.R. als prozentuale Beteiligung am Stimmrecht und an den finanziellen Rechten der Gesellschaft ausgedrückt.

 

Rz. 4

Schließlich wurde, insbesondere für die freien Berufe (Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer), in allen Bundesstaaten für die Gesellschafter einer general partnership die Möglichkeit eingeführt, sich als limited liability partnership (LLP) registrieren zu lassen. Kennzeichnend für die LLP ist, dass deren Gesellschafter nicht für die Schulden und Verbindlichkeiten der LLP haften, soweit diese aus Fahrlässigkeit, unerlaubten rechtswidrigen Handlungen oder Pflichtverletzungen in der Berufsausübung eines anderen Gesellschafters verursacht worden sind. Dagegen besteht mit Bezug auf Verpflichtungen aus der eigenen Berufstätigkeit eines Gesellschafters der LLP eine subsidiäre unbeschränkte persönliche Haftung dieses Gesellschafters. Einen vergleichbaren Zweck erfüllt die in einigen Staaten bekannte PLLC (professional limited liability company).

 

Rz. 5

Dass es trotz der einzelstaatlichen Gesetzgebung nicht zu einer völligen Zersplitterung der verschiedenen Gesellschaftsrechte gekommen ist, ist vor allem der American Bar Association (ABA) zu verdanken. Diese hatte 1950 ein von ihr erarbeitetes Modellgesetz für die corporation vorgelegt, den Model Business Corporation Act, der von einer Vielzahl der Einzelstaaten, wenn auch mit Abweichungen im Detail, übernommen wurde. Im Jahr 1969 wurde der Model Business Corporation Act umfassend geändert, bis dann im Jahr 1984 eine überarbeitete Fassung, der Revised Model Business Corporation Act, veröffentlicht wurde. Seitdem wird der Revised Model Business Corporation Act regelmäßig ergänzt und überarbeitet (zuletzt 2016). Heute haben rund 32 Staaten den Revised Model Business Corporation Act in der einen oder anderen Fassung übernommen. Im Einzelfall muss daher immer geprüft werden, ob ein Staat, unter dessen Recht eine Gesellschaft gegründet werden soll, eine von den Modellgesetzen abweichende gesetzliche Regelung vorsieht.

 

Rz. 6

Der folgenden Darstellung werden im Wesentlichen die Gesellschaftsrechte der mit großem Abstand bevorzugten Gründungsstaaten Delaware (Delaware General Corporation Law – DGCL), Kalifornien (California Corporations Code – CalCC) und New York (New York Business Corporation Law – NYBCL) zugrunde gelegt. Alle drei Staaten haben den (Revised) Model Business Corporation Act nicht übernommen, sondern haben jeweils einen eigenen Weg eingeschlagen. Einzeldarstellungen erfolgen...

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