I. Grundlagen

 

Rz. 59

Das US-amerikanische Recht kennt kein dem deutschen Handelsregister vergleichbares öffentliches Register. Wie bereits dargelegt (siehe Rdn 12), sind bei der Gründung einer corporation beim secretary of state die articles of incorporation sowie spätere Änderungen (certificate of amendment) einzureichen. Die articles of incorporation, einschließlich späterer Änderungen, können von jedermann angefordert werden; eine Bekanntmachung, Veröffentlichung in einem Amtsblatt oder eine elektronische Veröffentlichung erfolgt jedoch nicht. Eine beglaubigte Kopie der articles of incorporation begründet den schlüssigen Beweis (conclusive evidence) für die Gründung der Gesellschaft und den prima facie-Beweis für den Fortbestand der Gesellschaft (§ 209 CalCC). In New York begründet das registrierte certificate of incorporation den schlüssigen Beweis für die Gründung (§ 403 NYBCL). Ab 2022 besteht zudem aufgrund des bundesrechtlichen Corporate Transparency Act eine Meldepflicht an die für Geldwäsche zuständige Abteilung des Department of the Treasury (FinCEN) bezüglich der an den Anteilen einer Gesellschaft letztlich wirtschaftlich berechtigten natürlichen Personen (beneficial owners); siehe dazu Rdn 18.

 

Rz. 60

Es bestehen ferner periodische Berichtspflichten. In Delaware und in Kalifornien muss die Gesellschaft einmal jährlich, in New York alle zwei Jahre beim secretary of state eine Erklärung (report, statement) einreichen, in der die Namen und Geschäfts- oder Privatadresse der directors, die Anzahl der unbesetzten Stellen im board of directors, die Namen und Geschäfts- oder Privatadresse des Vorsitzenden der Geschäftsführung (chief executive officer) und des für die Finanzen zuständigen Geschäftsführungsmitgliedes (chief financial officer) sowie des Gesellschaftssekretärs (secretary), die Adresse ihres Hauptgeschäftssitzes sowie eine generelle Beschreibung ihres vorwiegend ausgeübten Geschäftstyps und die Adresse ihres Zustellungsbevollmächtigten angegeben sind (§ 502(a) DGCL, § 1502(a) CalCC, § 408 NYBCL). Auch von diesen Stellungnahmen können beim secretary of state beglaubigte Abschriften angefordert werden. In Kalifornien kann die Stellungnahme beim secretary of state elektronisch abgerufen werden (§ 1502(h) CalCC). Eine Publizitätswirkung der Angaben besteht jedoch nicht (§ 1502(g) CalCC).

II. Nachweis der Existenz der Gesellschaft

 

Rz. 61

Die Existenz der corporation kann in Delaware durch ein vom secretary of state ausgestelltes certificate of good standing nachgewiesen werden (§ 105 DGCL). Darin bestätigt der secretary of state, dass die corporation ordnungsgemäß gegründet wurde und zum Tag der Ausstellung der Bescheinigung nach wie vor weiter als juristische Person besteht. Weiterhin wird bestätigt, dass die "franchise taxes" von der corporation bezahlt wurden und diese ihren jährlichen Berichtspflichten nachgekommen ist. Diese Angaben sind deshalb von Bedeutung, weil bei einem Verstoß gegen die Pflichten die corporation von Amts wegen gelöscht werden kann. Da der secretary of state staatliches Organ ist, ist die Bescheinigung eine öffentliche Urkunde i.S.v. § 29 Abs. 1 GBO. Die Unterschrift auf dem mit einem Siegel zu versehenden certificate bedarf daher keiner notariellen Beglaubigung. Zur Verwendung in Deutschland ist jedoch eine Apostille beizufügen. Diese wird ebenfalls vom secretary of state ausgestellt, der somit selbst bestätigt, dass er das certificate unterzeichnet hat. Die Kosten für die Ausstellung eines certificates of good standing (einschließlich Apostille) betragen ca. 50 USD. Wird eine corporate agent mit der Einholung eines certificates of good standing (einschließlich Apostille) beauftragt, fallen hierfür zusätzliche Kosten an.

 

Rz. 62

In Kalifornien und New York stellt der secretary of state ebenfalls ein certificate of good standing (in New York certificate under seal) aus.

 

Rz. 63

Der Nachweis der Existenz einer corporation kann – anders als in Deutschland (§ 21 BNotO) – nicht durch eine Bescheinigung eines US-amerikanischen notary public erfolgen. Das US-amerikanische Recht kennt nämlich keine dem § 21 BNotO vergleichbare Vorschrift, die einem notary public die Befugnis verleiht, eine mit öffentlicher Beweiskraft versehene Notarbescheinigung zu erstellen. Das US-amerikanische Recht sieht einen notary public mithin nicht als zuständige und für das Ausstellen von Bescheinigung geeignete Person. Grund hierfür ist, dass ein notary public i.d.R. über keine juristische Ausbildung verfügt. Vielmehr kann sich gegen Zahlung einer geringen Gebühr jeder Einwohner der USA (resident) ohne großen Aufwand zu einem notary public bestellen lassen. Dementsprechend beschränken sich die Befugnisse eines notary public im Wesentlichen auf die Beglaubigung von Unterschriften auf Urkunden und die Abnahme von Eiden und ähnlichen Versicherungen. Der US-amerikanische notary public ist somit nicht mit einem deutschen Notar vergleichbar. Eine gleichwohl von einem notary public ausgestellte Bescheinigung über die Existenz einer corporation bietet daher nicht die erforde...

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