Leitsatz

Im Hinblick auf die eigene Rechtspersönlichkeit der GmbH ist anerkannt, dass eine Strafbarkeit wegen Untreue – trotz Einverständnis der Gesellschafter – dann in Betracht kommt, wenn diese Zustimmung der Gesellschafter zu einem Rechtsgeschäft der GmbH gegenüber treuwidrig und somit wirkungslos ist. Zielt das Handeln des Haupttäters ausschließlich darauf ab, eine strafbare Handlung zu begehen, und weiß dies der Hilfeleistende, so ist sein Tatbeitrag in jedem Fall als strafbare Beihilfehandlung zu werten.

 

Sachverhalt

Das LG hat den Angeklagten wegen Untreue, Angestelltenbestechung und Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Der Angeklagte war Gesellschafter zweier Unternehmen und hatte den Abfluss von über 5,5 Mio. DM durch Bezahlung von Scheinrechnungen veranlasst. Das dadurch gewonnene Schwarzgeld setzte er für Schmiergeldzahlungen an M. und H. ein. Diese sorgten als Verantwortliche bei einem Tochterunternehmen der Deutschen Bahn dafür, dass mit Firmen des Angeklagten für diesen lukrative Verträge abgeschlossen wurden. Darüber hinaus gab der AngeklagteM. und H. einen "Tipp", wo und wie sie die erhaltenen Gelder in der Schweiz anlegen konnten. Auf die Revision des Angeklagten hob der BGH die Verurteilungwegen Untreue und Beihilfe zur Steuerhinterziehung auf und verwies die Sache zurück.

 

Entscheidung

Der Untreuetatbestand bezweckt den Schutz des Vermögens, das der Pflichtige zu betreuen hat. Dieser verletzt dementsprechend seine Pflicht nicht, wenn sein Vorgehen im Einverständnis des Vermögensinhabers erfolgt. Handelt es sich um das Vermögen einer GmbH, fehlt es infolgedessen grundsätzlich an der Pflichtwidrigkeit des Handelns, wenn sich die Gesellschafter mit dem Vorgehen des Pflichtigen einverstanden erklärt haben[1]. Im Hinblick auf die eigene Rechtspersönlichkeit der GmbH ist anerkannt, dass eine Strafbarkeit wegen Untreue aber dann in Betracht kommt, wenn die Zustimmung der Gesellschafter zu einem Rechtsgeschäft der GmbH gegenüber treuwidrig und somit wirkungslos ist. Diese Voraussetzung hat der BGH zunächst bejaht, wenn die Zustimmung dazu führt, das Stammkapital der GmbH zu beeinträchtigen[2]. Dem hat er den Fall gleichgestellt, dass die Zustimmung gegen die Grundsätze eines ordentlichen Kaufmanns verstößt[3]. Da jedoch die Gesellschafter nach der gesetzlichen Konzeption grundsätzlich frei sind, über das Gesellschaftsvermögen zu verfügen, hat der BGH den erweiterten Anwendungsbereich unwirksamer Zustimmungen wieder auf Handlungen des Pflichtigen beschränkt, welche die wirtschaftliche Existenz der GmbH gefährden[4]. Diese Rechtsauffassung wurde weiter dahingehend präzisiert, dass die Gesellschafter über das Gesellschaftsvermögen nicht verfügen dürfen, wenn dadurch eine konkrete Existenzgefährdung für die Gesellschaft entsteht, was jedenfalls bei einem Angriff auf das durch § 30 GmbHG geschützte Stammkapital der Fall ist[5]. Feststellungen, dass durch den Entzug der als Schmiergelder benötigten Gelder eine konkrete Existenzgefährdung für die GmbH eingetreten ist, etwa indem das Stammkapital angegriffen wurde, hat das LG aber nicht getroffen, so dass die Entscheidung bereits aus diesem Grund aufzuheben war.

Beihilfe ist die dem Täter vorsätzlich geleistete Hilfe zur Begehung einer rechtswidrigen Tat. Als Hilfeleistung im Sinne des § 27 StGB ist dabei grundsätzlich jede Handlung anzusehen, welche die Herbeiführung des Taterfolgs des Haupttäters objektiv fördert, ohne dass sie für den Erfolg selbst ursächlich sein muss[6]. Das kann grundsätzlich auch durch äußerlich neutrale Handlungen geschehen. Nicht jede Handlung, die sich im Ergebnis objektiv tatfördernd auswirkt, kann als (strafbare) Beihilfe gewertet werden. Vielmehr bedarf es insbesondere in Fällen, die sog. "neutrale" Handlungen betreffen, einer bewertenden Betrachtung im Einzelfall.

Nach Meinung des BGH ist zu differenzieren: Zielt das Handeln des Haupttäters ausschließlich darauf ab, eine strafbare Handlung zu begehen, und weiß dies der Hilfeleistende, so ist sein Tatbeitrag in jedem Fall als strafbare Beihilfehandlung zu werten. Denn unter diesen Voraussetzungen verliert sein Tun stets den "Alltagscharakter"; es ist als "Solidarisierung" mit dem Täter zu deuten. Weiß der Hilfeleistende dagegen nicht, wie der von ihm geleistete Beitrag vom Haupttäter verwendet wird, hält er es lediglich für möglich, dass sein Tun zur Begehung einer Straftat genutzt wird, so ist sein Handeln regelmäßig noch nicht als strafbare Beihilfehandlung zu beurteilen, es sei denn, das von ihm erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm Unterstützten war derart hoch, dass er sich mit seiner Hilfeleistung "die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein" ließ[7]. In den Fällen, in denen nicht eine "berufstypische", sondern vielmehr eine neutrale Alltagshandlung ohne berufstypischen Bezug vorliegt, bedarf die Beurteilung, ob eine strafbare Beihilfe vorliegt, einer besonders eingehen...

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