Leitsatz

Ein Rechtsanwalt, der von einem Mandanten oder in dessen Auftrag Geldbeträge entgegennimmt, dieses Geld aber nicht getrennt vom eigenen Vermögen auf einem Anderkonto anlegt, macht sich regelmäßig wegen Untreue (§ 266 StGB) strafbar.

 

Sachverhalt

Ein Anwalt erhielt von einem Mandanten knapp eine Mio. DM, die zur Zahlung einer Haftkaution verwendet werden sollte, sowie weitere 360000 DM zur Wiedergutmachung von Schäden, die Dritten entstanden waren. Der Anwalt zahlte die Beträge auf sein debitorisch geführtes Konto ein, konnte die Gelder anschließend aber nicht bestimmungsgemäß auskehren, weshalb er vom LG wegen Untreue zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Der BGH bestätigte die Auffassung der Vorinstanz insoweit.

 

Entscheidung

Nach der Rechtsprechung des BGH macht sich ein Anwalt, der Gelder für einen Mandanten in Empfang nimmt und nicht einem Anderkonto zuführt, sondern anderweitig verwendet, grundsätzlich der Untreue schuldig. Das Verhalten des Anwalts stellt nur dann keinen Verstoß gegen die gegenüber dem Mandanten bestehende Treuepflicht dar und führt nur dann nicht zu einem Nachteil im Sinne des § 266 StGB, wenn er uneingeschränkt bereit und jederzeit fähig ist, einen entsprechenden Betrag aus eigenen flüssigen Mitteln vollständig auszukehren[1]. Dies gilt auch dann, wenn der Anwalt die Mittel nicht von einem Dritten zur Auskehrung an den Mandanten erhalten, sondern dieser ihm Gelder zur Ausführung eines Auftrags überlassen hat[2].

 

Praxishinweis

Eine "Vorlaufzeit", die es dem Betroffen nach dem konkreten Verwendungsauftrag durch den Mandanten ermöglichen würde, Verhandlungen mit seiner Bank zur Beschaffung etwa einer Bürgschaft oder von Barmitteln unter Beleihung von Immobilienvermögen oder bei Zurverfügungstellung anderer Sicherheiten zu führen, besteht grundsätzlich nicht. Der Berufsangehörige muss also zu jedem beliebigen Zeitpunkt unverzüglich in der Lage sein, die Mandantengelder auftragsgemäß einzusetzen oder zu transferieren.

 

Link zur Entscheidung

BGH-Beschluss vom 30.10.2003, 3 StR 276/03

[1] Vgl. BGH-Beschluss vom 27.1.1988, 3 StR 61/87, wistra 1988, S. 191
[2] Vgl. BGH-Beschluss vom 6.1.1982, 5 StR 8/82, NStZ 1982, S. 331

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge