Leitsatz

  • Ungültige Beschlussfassung auf nachträgliche Haftungsbeschränkung zu Gunsten des Verwalters als Ergänzung eines laufenden Verwaltervertrags ohne adäquate Gegenleistung
  • Stimmrechtsausschluss des Verwalters?
  • Ausreichender Gegenstandsbeschrieb in der Einladung zur Versammlung
 

Normenkette

(§§ 21 Abs. 3, 4 und 5 sowie , 23 Abs. 2 WEG)

 

Kommentar

  1. Die Ordnungsmäßigkeit einer Verwaltungsmaßnahme ist am Gemeinschaftsinteresse, also an der Nützlichkeit der Maßnahme für die Gemeinschaft zu messen. Es widerspricht deshalb in der Regel den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Wohnungseigentümer ohne adäquate Gegenleistung die Ergänzung eines laufenden Verwaltervertrags um eine Haftungsbeschränkungsklausel zugunsten des Verwalters beschließen. Vorliegend wurde unter Hinweis auf einen Standard-Verwaltervertrag mehrheitlich beschlossen: "Die Haftung des Verwalters für sämtliche Schadensfälle in Folge leichter oder mittlerer Fahrlässigkeit des Verwalters wird pro Schadensfall auf 50.000 DM und pro Schadensjahr auf 80.000 DM begrenzt. Schadensersatzansprüche der Gemeinschaft gegen den Verwalter verjähren in 2 Jahren ab Kenntnis des Schadens." Durch Mehrheitsbeschluss kann nur ein Verwaltervertrag beschlossen werden, der ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht (h. M.). Ein Verstoß gegen diesen Grundsatz führt allerdings nicht zur Beschlussnichtigkeit, da die Ordnungsmäßigkeit die grundsätzliche Beschlusskompetenz nicht in Frage stellt. Ordnungsgemäß ist allerdings nur eine Verwaltungsmaßnahme, die dem gemeinschaftlichen Interesse aller Eigentümer dient (durchschnittliche Betrachtungsweise), wobei Eigentümern jedoch ein gewisser Ermessensspielraum zusteht. Abzustellen ist auf das Gemeinschaftsinteresse, also die Nützlichkeit der Maßnahme für die Gemeinschaft, nicht das Sonderinteresse Dritter, auch nicht des Verwalters, der vielmehr als Treuhänder der Gemeinschaft soweit wie möglich Eigeninteressen denen seiner Auftraggeber unterzuordnen hat (vgl. auch ETW, Gr. 4, Rn. 1681). Selbst bei vertragsrechtlich zulässiger Haftungsbeschränkung widerspricht im vorliegenden Fall die Beschlussfassung Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung im Sinne des § 21 Abs. 4 WEG. Es ist nämlich kein Grund zu erkennen, einen entgeltlich tätigen gewerblichen Verwalter durch Beschränkung der gesetzlichen Haftung nach Dauer und Höhe einseitig zu begünstigen (vgl. auch BayObLG v. 19.12.2002, 2Z BR 104/02; OLG Hamm, ZMR 2001, 138 (142); Müller, ZWE 2001, 191 (195)). Dies gilt vorliegend umso mehr, als hier die Verwaltung durch einen laufenden Vertrag mit den Eigentümern gebunden und auf dessen Grundlage verpflichtet war, gegen Entgelt ihre Leistungen zu erbringen. Die Abänderung dieses bestehenden Vertragsverhältnisses, von dessen ursprünglicher Ausgewogenheit auszugehen ist, bedeutet eine rechtliche Schlechterstellung der Eigentümer, der keine adäquaten Vorteile gegenüberstehen. Haftungsrisiken gerade bei der hier bauträgerseits eingesetzten Erstverwaltung sind nicht von der Hand zu weisen, man denke insbesondere an die evtl. rechtzeitige Geltendmachung etwaiger Gewährleistungsansprüche gegen den Bauträger-Verkäufer. Nach Gesetz ist übrigens die Haftung eines Verwalters (etwa aus früherer positiver Forderungsverletzung) auch in Fällen einfacher Fahrlässigkeit unbeschränkt; dieser Haftungsgrundsatz wird durch den getroffenen Beschluss ohne jede Gegenleistung beschnitten. Gleiches gilt für die Verkürzung der gesetzlichen Verjährungsfrist von derzeit 3 Jahren (§ 195 BGB n.F.). Aus diesem Grund werden auch Haftungsbeschränkungsvereinbarungen in einem Verwaltervertrag hinsichtlich einer Anspruchsverjährung "nicht mehr für notwendig erachtet" (Deckert, ETW, Gr. 11, Verwaltervertrag, Anm. 36). Die hier beschlossene Haftungsbeschränkung ist auch nicht ein geeignetes Mittel, etwaige Spannungen der Verwaltung mit den Eigentümern abzubauen.
  2. Ob ein Verwalter in Vollmacht von Eigentümern über eine solche vertragliche Haftungsbeschränkung überhaupt abstimmen darf, ist umstritten. Teilweise wird hier § 25 Abs. 5 WEG entsprechend herangezogen (vgl. KG, WE 1989, 134 und jüngst BGH v. 19.9.2002, V ZB 30/02). Die überwiegende Meinung verweist wohl zutreffend auf § 181 BGB, wonach ein Vertreter, soweit ihm nicht ein Anderes gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen kann. Rechtsfolge ist bei annahmebedürftigen Willenserklärungen die schwebende Unwirksamkeit des Geschäfts mit der Möglichkeit, es nachträglich zu genehmigen (§§ 177, 182, 184 Abs. 1 BGB), bei nicht annahmebedürftigen Willenserklärungen deren Nichtigkeit analog § 180 BGB (BayObLG, NJW-RR 2001, 469). Eine Ungültigerklärung des Beschlusses kann auf eine fehlerhafte Berücksichtigung von Stimmen nicht ordnungsgemäß vertretener Wohnungseigentümer durch die Verwaltung hier aber schon deshalb nicht gestützt werden, weil auch bei deren Nichtberücksichtigung eine Stimmenmehrheit für den Beschlussantrag vorhanden war (fehlende Kausalität!).
  3. Der in e...

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