Normenkette

§ 638 BGB, § 640 BGB, § 13 VOB/B, § 9 AGBG, § 10 Nr. 1 AGBG, § 13 AGBG

 

Kommentar

Folgende amtliche Leitsätze hat der Bundesgerichtshof in einem wichtigen Urteil aufgestellt:

a) Die Klausel in - Aufträgen an Bauhandwerkern zugrunde liegenden - "Vertragsbedingungen für Bauleistungen" eines Bauträgers, wonach die Leistungen des Auftragnehmers einer förmlichen Abnahme im Zeitpunkt der Übergabe des Hauses bzw. des Gemeinschaftseigentums an den oder die Kunden des Bauträgers bedürfen, "es sei denn, dass eine solche Abnahme nicht binnen sechs Monaten seit Fertigstellung der Leistung des Auftragnehmers erfolgt ist", benachteiligt die Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist daher nach § 9 Abs. 1 AGBGunwirksam.

b) Die in - Aufträgen an Bauhandwerkern zugrunde liegenden - "Vertragsbedingungen für Bauleistungen" eines Bauträgers enthaltene Klausel, "für die Gewährleistung gilt VOB/B § 13, jedoch beträgt die Verjährungsfrist in Abänderung von Satz 4 generell fünf Jahre", hält der Inhaltskontrolle nach dem AGBG stand.

1. Sachverhalt

Bauträger (ebenso Generalunternehmer und -übernehmer) erbringen ihre Bauleistungen ganz oder teilweise durch die Einschaltung von Subunternehmern. Die Vertragsbeziehungen Auftraggeber/Bauträger und Bauträger/Subunternehmer sind nicht deckungsgleich. Damit stellt sich die Frage der Parallelschaltung der Gewährleistungsfristen. Im Rahmen eines von einer Bauinnung angestrengten Kontrollverfahrens nach § 13 AGBG hatte der BGH zwei Klauseln zu überprüfen, mit denen ein Bauträger die Gewährleistungsfrist seiner Subunternehmer ausdehnen wollte.

2. Entscheidung

Der BGH betont in seiner Entscheidung das berechtigte Interesse des Bauträgers bzw. Generalunternehmers an einer Parallelschaltung der Gewährleistungsfristen. Andererseits ist die Abnahme eine Hauptpflicht des Bestellers, die dieser unmittelbar nach Fertigstellung des Werkes erbringen muss. An die Abnahme ist nicht nur der Beginn der Gewährleistungsfrist geknüpft, sondern auch die Fälligkeit des Werklohns, die Umkehr der Beweislast für Mängel, die Gefahrtragung sowie der Vorbehalt bei vereinbarter Vertragsstrafe und bekannten Mängel. Das Hinausschieben des Abnahmezeitpunktes führt zu einer entsprechenden Verzögerung sämtlicher Abnahmewirkungen. Eine Abnahmeklausel ist gem. §§ 9, 10 Nr. 1 AGBG unwirksam, "wenn sie den Zeitpunkt der Abnahme für den Subunternehmer nicht eindeutig erkennen lässt, dieser Zeitpunkt also ungewiss bleibt, oder wenn sie die Abnahme auf einen nicht mehr angemessenen Zeitpunkt nach Fertigstellung der Subunternehmerleistung hinausschiebt." Ungewiss ist der Zeitpunkt, wenn der Subunternehmer diesen nicht herbeiführen oder nicht berechnen kann. Beispiele: Die Abnahme wird an die behördliche Abnahme geknüpft oder von der Abnahme des gesamten Bauwerks oder der Bezugsfertigkeit der letzten Wohneinheit abhängig gemacht.

Unangemessen hinausgeschoben wird der Zeitpunkt, wenn die Leistung des Subunternehmers erst erhebliche Zeit nach ihrer Fertigstellung abgenommen werden soll. Der BGH nennt eine Frist von vier bis sechs Wochen. Enthalten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Frist von mehr als zwei Monaten, weicht auch dies von dem in § 640 BGB geregelten Leitbild der Abnahme erheblich ab.

Die streitgegenständliche Gewährleistungsklausel befand sich in einem BGB-Bauvertrag und besagte, dass die VOB-Regelung die gesetzliche Regelung über die Gewährleistung ersetzen solle mit Ausnahme der fünfjährigen Gewährleistungsfrist. Das hat nichts mit der Frage der isolierten Vereinbarung des § 13 VOB/B im Bauträgervertrag zu tun (vgl. BGHZ 96, 129).

Bei den Unterschieden zwischen dem BGB- und dem VOB-Gewährleistungsrecht ist insbesondere die Möglichkeit gem. § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B zu nennen, die Verjährungsfrist durch bloße schriftliche Mängelbeseitigungsaufforderung zu unterbrechen. Diese vereinfachte Unterbrechungsmöglichkeit ist aber allein kein Grund, der den Subunternehmer unangemessen benachteiligen würde. Auch beim BGB-Werkvertrag hat der Besteller die Möglichkeiten der Verjährungsunterbrechung, z. B. durch die Beantragung eines Beweissicherungsverfahrens. Schließlich kann aufgrund der Sonderregelung des § 638 Abs. 2 BGB sogar die fünfjährige Verjährungsfrist des § 638 Abs. 1 BGB vertraglich verlängert werden. Dem Bauträger könnte man auch nicht verwehren, bei einem Rückgriff auf die Gewährleistungsregelung der VOB/B durch Formularvertrag oder Allgemeine Geschäftsbedingungen eine längere Verjährungsfrist zu vereinbaren.

(Senatsurteile NJW 87, 381, 382; BauR 86, 202, 203; BauR 87, 445, 446)

 

Link zur Entscheidung

( BGH, Urteil vom 23.02.1989, VII ZR 89/87)

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Anmerkung:

Hinsichtlich der Abnahmeklausel liefert das Urteil eine klare zeitliche Grenze für das Hinausschieben der Abnahme in Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Hervorzuheben ist jedoch die Möglichkeit, die Abnahme zeitnah nach der Fertigstellung durchzuführen, jedoch die Gewäh...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge