Rz. 241

Abweichend von der früheren Rechtslage erfasst die internationale Zuständigkeit des Notars nun auch das im Ausland belegene Vermögen des Erblassers. Das Hetv. enthält sporadisch Vorschriften über die Handhabung des ausländischen Nachlassvermögens.

 

Rz. 242

Gemäß §§ 43/A und 81/A Hetv. kann ein im Ausland befindlicher Vermögensgegenstand in das Nachlassverfahren einbezogen werden, wenn die Existenz dieses Vermögensgegenstands sowie dessen Zugehörigkeit zum Nachlass nachgewiesen werden. Die Pflicht, die Existenz und Nachlasszugehörigkeit eines ausländischen Vermögensgegenstands nachzuweisen, obliegt grundsätzlich den Betroffenen (Erben, Vermächtnisnehmer). Welche Urkunden zum Nachweis geeignet sein können, kann je nach Art des Vermögensgegenstands unterschiedlich sein. Für ausländische Liegenschaften kann grundsätzlich nur ein Grundbuchauszug als ein solcher Nachweis angenommen werden.

 

Rz. 243

Um dem Erben die Informationsbeschaffung über ausländisches Nachlassvermögen zu erleichtern, kann der Notar ihn auf Antrag durch besonderen Beschluss dazu ermächtigen, dass er – in seiner Eigenschaft als Nachlassverwalter – Auskünfte aller Art über das Nachlassvermögen bzw. die Nachlassverbindlichkeiten erlangt.[189] Aufgrund dieses Beschlusses kann dem Erben auch ein ENZ zum Nachweis dieser Befugnis in einem anderen Mitgliedstaat erteilt werden. Dies kann insbesondere dann erforderlich sein, wenn der als Erbe Betroffene Zugang zu Informationen erlangen möchte, die als Bankgeheimnis geschützt werden (z.B. Auskünfte über die Existenz eines Kontos des Erblassers sowie dessen Kontostand; Einsicht in Bankschließfach des Erblassers).

 

Rz. 244

Außerdem kann der Notar selbst – und zwar auch von Amts wegen – Maßnahmen im Interesse der Einholung von Nachweisen über im Ausland belegene Vermögensgegenstände ergreifen. Ungarische Notare machen relativ häufig Gebrauch von der Möglichkeit der internationalen Rechtshilfe im Interesse der Beschaffung von Informationen über vermutliche ausländische Vermögensgegenstände des Erblassers. Besonders oft senden die ungarischen Notare Ersuchen an die Gerichte von anderen Mitgliedstaaten auf Grundlage der Europäischen Beweisaufnahmeverordnung[190] um Einholung von Auskünften über das ausländische Bankkonto des Erblassers (Informationen über Kontostand im Zeitpunkt des Todes des Erblassers, allfällige Todesfallbegünstigte usw.).[191]

[189] § 43/B. Hetv.
[190] Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28.5.2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen (ABl L 174 v. 27.6.2001, S. 1).
[191] In der ungarischen Rechtspraxis herrscht die Meinung vor, dass in Ungarn auch die Notare – insoweit, als sie in Nachlassverfahren in ihrer Eigenschaft als Nachlassgericht tätig sind – als "Gericht" i.S.v. Art. 1 Abs. (1) der Beweisaufnahmeverordnung betrachtet werden können und daher befugt sind, Ersuchen nach dieser Verordnung vorzulegen. Nach den bisherigen Erfahrungen werden diese Ersuchen in den meisten Fällen erfüllt.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge