Rz. 137

Wer vom Erblasser aus der Erbschaft ausgeschlossen oder enterbt wurde, fällt aus der Erbfolge weg. Ausschluss[124] ist die testamentarische Anordnung, durch die der Erblasser zu Lasten eines Pflichtteilsberechtigten einen anderen mit einer Zuwendung bedenkt und die Voraussetzungen der Enterbung nicht vorliegen. Der Ausschluss bedeutet in jedem Fall die Beschränkung auf den Pflichtteil. Das Recht des Erblassers, jemanden von der Erbfolge auszuschließen, resuliert aus dem Grundsatz der Testierfreiheit.

 

Rz. 138

Wer enterbt[125] wurde, dem steht nicht einmal der Pflichtteil zu.[126] Enterbt werden kann nur derjenige, bei dem einer der – im Ptk. erschöpfend aufgezählten – Enterbungsgründe vorliegt. Der Enterbte ist nicht berechtigt, die Erbschaft der an seine Stelle tretenden Person als gesetzlicher Vertreter zu verwalten.[127]

 

Rz. 139

Die Enterbung ist nur wirksam, wenn deren Grund in der letztwilligen Verfügung ausdrücklich angegeben wurde. Der Umstand, dass der Erblasser im Testament den Enterbungsgrund beschrieben hat, befreit das Gericht von der diesbezüglichen Beweisaufnahme allerdings nicht. Das tatsächliche Vorliegen des Enterbungsgrundes hat derjenige zu beweisen, der unter Berufung auf die Enterbung erben will.[128]

 

Rz. 140

Hat der Erblasser den Grund für die Enterbung noch vor Errichtung der letztwilligen Verfügung verziehen, so ist die darin enthaltene Enterbung ungültig; in diesem Fall hat der betroffene Erbe einen Anspruch auf den Pflichtteil. Im Falle einer nachträglichen Verzeihung verliert die Enterbung – auch ohne Widerruf – ihre Wirksamkeit. Bei einer infolge nachträglicher Verzeihung aufgehobenen Enterbung richtet sich die Erbfolge nach den allgemeinen Vorschriften.

 

Rz. 141

Die Enterbungsgründe gem. § 7:78 Ptk. sind die folgenden:

 

Rz. 142

(1) Erbunwürdigkeit. Enterbt werden kann der Pflichtteilsberechtigte, wenn er unwürdig ist, den Erblasser zu beerben (ausführlich zu den Erbunwürdigkeitsgründen siehe Rdn 132 ff.).

 

Rz. 143

(2) Straftat gegen den Erblasser. Enterbt werden kann der Pflichtteilsberechtigte, wenn er zum Nachteil des Erblassers eine Straftat begangen hat. Dieser Enterbungsgrund wird verwirklicht, wenn der Pflichtteilsberechtigte ein Verbrechen zum Nachteil des Erblassers begeht, welches ansonsten keine Erbunwürdigkeit zur Folge hat. Es ist nicht erforderlich, dass wegen der Straftat ein Verfahren eingeleitet und die Tat von einem Strafgericht mit rechtskräftigem Urteil festgestellt wird. Als "Straftat" gilt sowohl ein Verbrechen als auch ein Vergehen. Bei der Beurteilung der Schwere der Straftat geht die Rechtsprechung davon aus, dass diese gesetzliche Bestimmung keine strafrechtliche Kategorie ist, die Straftat sei daher immer im Rahmen des Verhältnisses zwischen dem Erblasser und dem Pflichtteilsberechtigten zu beurteilen. So sei etwa die Tätlichkeit in der Elternteil-Kind-Beziehung aufgrund der menschlichen Aspekte und der verwandtschaftlichen Beziehungen zu beurteilen.[129] Die strafrechtlichen Vorschriften spielen hierbei nur insoweit eine Rolle, als aufgrund dieser bestimmt werden kann, ob eine konkrete Handlung als Straftat qualifiziert werden kann. Nach der Rechtsprechung ist die Tätlichkeit des Abkömmlings gegen den Erblasser stets eine schwere Straftat.

 

Rz. 144

(3) Schwere Straftat gegen einen Angehörigen des Erblassers. Ein weiterer Enterbungsgrund ist, wenn der Pflichtteilsberechtigte einem Verwandten des Erblassers in gerader Linie, seinem Ehegatten oder Lebensgefährten nach dem Leben trachtete oder zum Nachteil dieser Personen eine andere schwere Straftat begangen hat. Der geschützte Personenkreis ist hierbei zwar weiter; der Anwendungsbereich dieses Enterbungsgrundes ist jedoch insoweit enger, als nur eine "schwere" Straftat die Enterbung begründen kann. Diese Tat setzt vorsätzliche Begehung voraus. Das bedeutet auch, dass der Täter deliktsfähig sein muss, denn nur Handlungen einer solchen Person gelten als vorsätzliches Verhalten, das ihr vorgeworfen werden kann.[130]

 

Rz. 145

(4) Schwerwiegende Verletzung der Unterhaltspflicht. Der Pflichtteilsberechtigte kann vom Erblasser auch dann enterbt werden, wenn er die gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber dem Erblasser schwerwiegend verletzt hat. Die Unterhaltspflicht muss "schwerwiegend" verletzt worden sein. Wann die Verletzung der Unterhaltspflicht als schwerwiegend zu betrachten ist, lässt sich unter Würdigung aller Umstände feststellen. Die Rechtsprechung betrachtet es nicht als eine schwerwiegende Verletzung, wenn der Unterhaltspflichtige den Unterhalt erst aufgrund eines rechtskräftigen Urteils leistet. Es gilt ebenfalls nicht als Vernachlässigung der Unterhaltspflicht, wenn der Verpflichtete eine andere Person (Pfleger, Betreuer) zur Erfüllung der Leistung in Anspruch nimmt oder den zu Hause nur schwer zu versorgenden Angehörigen in einem Altenheim oder Pflegeheim unterbringt.

 

Rz. 146

(5) Unsittlicher Lebenswandel. Als gesetzlicher Enterbungsgrund ist auch der unsittliche Lebenswandel des Pflichtteilsberechtigte...

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