Leitsatz

Die Umwandlung von Teil- in Wohnungseigentum bedarf auch dann einer Vereinbarung aller Wohnungs- und Teileigentümer und grundbuchrechtlich deren Bewilligung, wenn die Gemeinschaftsordnung die Nutzung von Teileigentum für Wohnzwecke erlaubt.

 

Normenkette

WEG §§ 1 Abs. 2, Abs. 3, 5 Abs. 4, 10 Abs. 2, Abs. 3

 

Das Problem

  1. B gehören die im Erdgeschoss der Wohnungseigentumsanlage gelegenen Teileigentumsrechte Nr. 128 und 129. Er spaltet vom Teileigentumsrecht Nr. 129 einen Raum ab und ordnet ihn dem Teileigentumsrecht Nr. 128 zu. Dabei erklärt er, das Teileigentum dürfe nunmehr (ebenso wie die in den Obergeschossen gelegenen Wohnungen) zu Wohnzwecken genutzt werden. Die anderen Wohnungseigentümer müssten nach der Gemeinschaftsordnung der Umwidmung nicht zustimmen. Denn danach könnten die Teileigentumsrechte anders gebraucht werden, sofern dieser Gebrauch behördlich genehmigt sei.
  2. Das Grundbuchamt weist den Eintragungsantrag mit der Begründung zurück, es fehlten die für die Umwandlung von Teil- in Wohnungseigentum erforderlichen Bewilligungen aller übrigen Wohnungs- und Teileigentümer. Eine Ermächtigung zur einseitigen Änderung der Zweckbestimmung enthalte die Gemeinschaftsordnung nicht. Dagegen wendet sich B. Ohne Erfolg.
 

Die Entscheidung

  1. Es fehle die Bewilligung der übrigen Wohnungs- und Teileigentümer. Bei der vertraglichen Aufteilung in Wohnungs- und Teileigentum (§ 1 Abs. 2 und 3 WEG) nach § 3 Abs. 1 WEG hätten die damaligen Miteigentümer durch die Bezeichnung des Raumeigentums als "Wohnungen" einerseits und "Gewerbliche Einheiten" andererseits den Nutzungszweck des Sondereigentums mit Vereinbarungscharakter festgelegt (§ 10 Abs. 3, § 15 Abs. 1 WEG).
  2. Die Umwandlung von Teil- in Wohnungseigentum (und umgekehrt) bewirke eine Inhaltsänderung des Sondereigentums im Sinne von §§ 873, 877 BGB bei allen Wohnungs- und Teileigentümern. Als rechtliche Änderung des Bestimmungszwecks der nicht zu Wohnzwecken dienenden Räume in Wohnräume gehe sie über eine sich im Rahmen der getroffenen Zweckbestimmung haltende Änderung des tatsächlichen Gebrauchs hinaus. Sie bedürfe materiell-rechtlich gemäß §§ 5 Abs. 4 Satz 1, 10 Abs. 2 Satz 2 WEG einer Vereinbarung aller Wohnungs- und Teileigentümer und grundbuchrechtlich deren Bewilligung gemäß §§ 19, 29 GBO.
  3. Davon könne nur abgesehen werden, wenn die Mitwirkungsbefugnis der übrigen Wohnungs- und Teileigentümer durch die im Grundbuch eingetragene Gemeinschaftsordnung mit Bindung für die Sondernachfolger (§ 10 Abs. 3 WEG) ausgeschlossen sei. Daran fehle es. Ausdrücklich angesprochen sei in § 1 Abs. 4 der Gemeinschaftsordnung die Umwandlung von Teil- in Wohnungseigentum durch Änderung der Zweckbestimmung nicht. Auch ihrem Sinn nach beschränke sich die Klausel auf die abstrakte Beschreibung der zulässigen gewerblichen oder sonstigen beruflichen Nutzung des Teileigentums. Zwar sei das Maß der zulässigen Nutzung nach dem Wortlaut der Umschreibung ("jede Art und Form ..., soweit diese behördlich genehmigt ist") denkbar weit gefasst, sodass auch eine baubehördlich genehmigte Wohnnutzung von dieser Wendung umfasst sei. Allerdings ergebe sich aus der Klausel in ihrer Gesamtheit, dass der rechtliche Charakter der Einheiten als Teileigentum nicht zur Disposition gestellt sei, denn das zulässige Maß der Nutzung werde ausdrücklich für die "übrigen Teileigentumseinheiten" definiert. Dass in § 1 Abs. 4 der Gemeinschaftsordnung eine Befugnis zur einseitigen Umwandlung von Teil- in Wohnungseigentum zum Ausdruck käme, liege auch unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der in § 1 GO getroffenen Gebrauchsregelungen nicht nahe. In Bezug auf das Wohnungseigentum definiere § 1 Abs. 2 der Gemeinschaftsordnung die Voraussetzungen für die (tatsächliche) Nutzung von Wohnungen zu gewerblichen oder freiberuflichen Zwecken abhängig von ihrer Lage im Erdgeschoss oder in den Obergeschossen. § 1 Abs. 4 GO stelle sich als spiegelbildliche Regelung der zulässigen tatsächlichen Nutzung für das Teileigentum dar, indem hierfür pauschal der durch behördliche Erlaubnis gezogene Rahmen bestimmt werde.
 

Kommentar

Anmerkung
  1. Wohnungs- und Teileigentum sind in § 1 Abs. 2 und Abs. 3 WEG jeweils legal (= gesetzlich) definiert. Eine Unterscheidung ist – bis auf das Maß des erlaubten Gebrauchs und die Abgeschlossenheit – unnötig, da nach § 1 Abs. 6 WEG für das Teileigentum die Vorschriften über das Wohnungseigentum entsprechend gelten.
  2. Nach herrschender Meinung ist die Bestimmung eines Raums als Wohnungs- und/oder Teileigentum eine Vereinbarung (siehe den vorstehenden Hinweis). Ihre Änderung bedarf materiell-rechtlich daher wieder einer Vereinbarung und grundbuchrechtlich deren Bewilligung durch die Wohnungseigentümer, allerdings keiner Zustimmung der Grundpfandrechtsgläubiger. Ein Wohnungseigentümer kann zur Umwidmung ermächtigt werden. Diese Ermächtigung lehnt das Oberlandesgericht im Fall ab.

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Wird in einer Gemeinschaftsordnung einheitlich der Begriff "Wohnungseigentümer" genutzt, ist n...

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