Leitsatz

Der Geschäftsraummieter hat eine Umlage zur Terrorschadensversicherung bei Gefahr von Terroranschlägen zu dulden.

 

Fakten:

Der Geschäftsraummieter wendet sich mit dem Vorwurf des Verstoßes gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit gegen die anteilige Umlage einer Terrorversicherung des Vermieters. Nach dem Mietvertrag war der Mieter verpflichtet, die auf die Mietsache entfallenden Nebenkosten gemäß Anlage 3 zu § 27 II. Berechnungsverordnung zu tragen. Die Mietobjekte liegen unmittelbar neben dem Statistischen Bundesamt und in der Nähe von Einrichtungen des Landes Hessen. Nachdem der Gebäudeversicherer des Gesamtkomplexes als Folge des Terroranschlags auf das World Trade Center vom 11. September 2001 keinen Rückversicherungsschutz mehr erhielt, war er nicht mehr bereit, die Gefahr von Schäden durch Terrorismus weiter in der Gebäudeversicherung mitzuversichern. Der Vermieter schloss daraufhin eine Terrorversicherung bei einer anderen Versicherungs-AG, die damals die einzige Anbieterin auf dem deutschen Versicherungsmarkt war. Die Prämie für diese Versicherung betrug im Jahr 2003 87.113,68 Euro bei einer Gesamtversicherungssumme von 181.441.621 Euro, einer Jahreshöchstentschädigung von 100 Millionen Euro und einem Selbstbehalt von 1 Million Euro. Das Gericht gibt dem Vermieter recht. Der Vermieter habe mit dem Abschluss der Terrorversicherung den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit nicht verletzt. Für das streitgegenständliche Mietobjekt als große, architektonisch auffällige Gewerbeimmobilie in direkter Nähe zum Statistischen Bundesamt kann von einer gewissen Grundgefährdung ausgegangen werden. Nach dem Mietvertrag war der Mieter verpflichtet, den auf ihn entfallenden Anteil des Mehrbetrags, der durch die Erhöhung oder Neueinführung von Betriebskosten entsteht, vom Zeitpunkt der Entstehung an zu zahlen.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 13.10.2010, XII ZR 129/09BGH, Urteil vom 13.10.2010 – XII ZR 129/09

Fazit:

Unter Nr. 13 der Anlage 3 zu § 27 II. BV fallen grundsätzlich alle Sach- und Haftpflichtversicherungen, die dem Schutz des Gebäudes und seiner Bewohner und Besucher dienen. Die Terrorversicherung gehört als Gebäudeversicherung zu den Sachversicherungen. Auch der Vermieter von Geschäftsräumen darf nach Treu und Glauben nur solche Kosten auf den Mieter umlegen, die bei gewissenhafter Abwägung aller Umstände gerechtfertigt sind. Maßgebend ist der Standpunkt eines vernünftigen Vermieters, der ein vertretbares Kosten-Nutzen-Verhältnis im Auge behält. Der Vermieter muss dabei nicht stets die billigste Lösung wählen, sondern kann etwa auch die Zuverlässigkeit des anderen Vertragspartners mit in seine Entscheidungsfindung einbeziehen. Es ist davon auszugehen, dass ein vernünftiger Eigentümer eine mit erheblichen Kosten verbundene Terrorversicherung nur abschließen wird, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Gefahr eines Gebäudeschadens durch einen terroristischen Angriff begründen. Ist dagegen Gebäudeschaden durch einen terroristischen Angriff unwahrscheinlich, entspricht es keiner vernünftigen Bewirtschaftung, dieses rein theroretische Risiko mit erheblichem finanziellem Aufwand abzusichern. Für welche Gebäude eine begründete Gefahr von Terroranschlägen besteht, hängt davon ab, ob es sich um Gebäude mit Symbolcharakter handelt oder solche, in denen staatliche Macht ausgeübt wird (militärische Einrichtungen, Regierungs- und Parlamentsgebäude), Gebäude vor allem in Großstädten oder Ballungszentren, in denen sich regelmäßig eine große Anzahl von Menschen aufhält (Bahnhöfe, Flughäfen, Büro- oder Einkaufszentren), sowie Gebäude, die sich in unmittelbarer Nachbarschaft der genannten Gebäude befinden.

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