Leitsatz

Gegenstand dieses Verfahrens war ein Antrag nicht gesetzlicher Großeltern auf Einräumung eines Umgangsrechts mit einem 8-jährigen Mädchen, das von dem Sohn der Antragsteller und dessen Ehefrau im August 2003 zusammen mit ihrem älteren Bruder in Adoptionspflege aufgenommen worden war. Von dem ursprünglichen Adoptionsbegehen nahmen die Pflegeeltern Abstand. Die Kinder wurden daraufhin am 6.6.2005 vom Jugendamt abgeholt und in eine andere Familie gebracht, die das Mädchen inzwischen adoptiert hatte.

Während des Aufenthalts des Kindes in dem Haus ihres Sohnes hatten die Antragsteller Kontakt zu dem Mädchen, dessen Umfang streitig war. Sie hatten das Kind vor dem Wechsel in die jetzige Familie zuletzt Ende Mai 2005 gesehen.

Die Antragsteller stützten ihr Umgangsbegehren auf § 1685 Abs. 2 BGB.

Ihr Antrag wurde vom AG zurückgewiesen mit der Begründung, ein Umgang diene derzeit nicht dem Wohl des Kindes. Die mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragte Sachverständige habe zwar grundsätzlich ein Umgangsrecht befürwortet, jedoch klargestellt, dass derzeit das extenziell wichtigste familiäre System für das Kind ihre jetzige Familie sei. Alle Maßnahmen, die eine Destabilisierung dieses Systems zur Folge hätten, seien als nicht im Interesse des Kindeswohls liegend anzusehen. Erzwungene Kontakte zu den Antragstellern seien nicht im Interesse des Kindeswohls. Da es die Kindeseltern derzeit ablehnten, Kontakte zu ermöglichen, sei ein erzwungener Kontakt gegeben, der zumindest zurzeit dem Kindeswohl nicht entspreche. Auch das Ergebnis der Kindesanhörung habe einen subjektiven Vorrang der derzeitigen stabilen familiären Situation ergeben.

Gegen den zurückweisenden Beschluss des AG hatten die Antragsteller Beschwerde eingelegt. Ihr Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG wies darauf hin, dass nur ein Umgangsrecht nach § 1685 Abs. 2 BGB in Betracht komme, da die Antragsteller nicht die gesetzlichen Großeltern des Kindes seien. Nach dieser Vorschrift hätten enge Bezugspersonen des Kindes ein Umgangsrecht, wenn sie für das Kind tatsächlich Verantwortung im Sinne einer sozial-familiären Beziehung getragen hätten und der Umgang dem Wohl des Kindes diene.

Dabei werde eine tatsächliche Verantwortung in der Regel dann angenommen, wenn die Personen mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hätten. Hierfür könnten auch regelmäßige Betreuung des Kindes über verlängerte Wochenenden und in den Ferien über einen Zeitraum von fast zwei Jahren grundsätzlich ausreichen. Entscheidend sei allerdings, dass das sich auf die häusliche Gemeinschaft gründende Vertrauensverhältnis zu dem Kind noch bestehe oder zumindest daran noch anzuknüpfen sei (Palandt/Diederichsen, BGB, 67. Aufl., § 1685 Rz. 6 m.w.N.). Insoweit beständen jedoch nach Anhörung des Kindes erhebliche Zweifel.

Die letzte Begegnung liege mehr als drei Jahre zurück, die Zeit des gemeinsamen Lebens sogar noch vier Monate länger. Von daher sei von einer bereits eingetretenen Entfremdung auszugehen. Das Kind habe sich bei seiner Anhörung weder an die Namen der Antragsteller noch an häufige Besuche erinnern können. Auch ggü. der Sachverständigen habe sie keine Aktivitäten mit den "Großeltern" beschreiben können.

Selbst wenn man die Antragsteller als enge Bezugspersonen i.S.v. § 1685 Abs. 2 BGB ansehe, stehe ihnen ein Recht auf Umgang nur unter dem Vorbehalt zu, dass dieser dem Wohl des Kindes diene. Hiervon sei im vorliegenden Fall nicht auszugehen.

Insoweit teilte das OLG die Einschätzung des AG, wonach die Integration in die jetzige Familie eindeutigen Vorrang ggü. einem von den Eltern nicht gewollten Kontakt zu den Antragstellern habe. In ihrer jetzigen Familie habe sie erst einmal Sicherheit gefunden und sei in den Familienverband integriert worden. Umstände, die das Kind in Konflikte mit dieser neuen Familie bringen würde, könnten dem Wohl des Kindes nicht entsprechen.

Die Adoptiveltern lehnten einen Kontakt zu den Antragstellern ab. Dies werde von dem Kind akzeptiert, das etwaige Besuche nur wolle, wenn ihre Eltern dies akzeptierten,

Die Eltern gegen ihren Willen und ihre verständlichen Vorbehalte zur Kontaktaufnahme zu zwingen, würde zu einer ständigen Präsenz des Themas in der Familie führen, die das erneute Entstehen von Verlustängsten hervorrufen könnte, die das Kind schon mehrmals erlebt habe.

Die Antragsteller hätten den Erziehungsvorrang der gesetzlichen Eltern des Kindes auch bei deren Entscheidung über Umgangskontakte zu akzeptieren.

 

Link zur Entscheidung

OLG Koblenz, Beschluss vom 17.09.2008, 7 UF 237/08

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