Entscheidungsstichwort (Thema)

Entscheidend für ein Umgangsrecht nicht gesetzlicher Großeltern ist das Bestehen eines Vertrauensverhältnisses. Umgangsrecht von früheren „Pflege-Großeltern”

 

Leitsatz (amtlich)

Die regelmäßige Betreuung eines Kindes durch nicht gesetzliche Großeltern über verlängerte Wochenende und in den Fereien über einen Zeitraum von fast zwei Jahren kann für die Gewährung eines Umgangsrechts grundsätzlich ausreichen. Entscheidend ist, dass das sich auf die häusliche Gemeinschaft gründende Vertrauensverhältnis zu dem Kind noch besteht oder zumindest daran noch anzuknüpfen ist. Dies ist nicht der Fall, wenn die Kindeseltern das derzeit wichtigste Familiensystem bilden und eine Entfremdung des Kindes eingetreten ist, indem sich dieses nicht mehr an die Namen der Großeltern und an die häufigen Besuche erinnern kann.

 

Normenkette

BGB § 1685 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Diez (Beschluss vom 13.03.2008; Aktenzeichen 6 F 236/05)

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Diez vom 13.3.2008 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten zu 1) tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Im Übrigen bleibt es bei der Kostenentscheidung des angefochtenen Beschlusses.

III. Der Beschwerdewert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsteller begehren Umgang mit der mittlerweile 8 Jahre alten N. V.

Diese war am 1.8.2003 vom Sohn der Antragsteller und dessen Ehefrau zusammen mit ihrem älteren Bruder in Adoptionspflege aufgenommen worden. Nachdem zunächst die Aufnahme des Bruders in den Familienverband scheiterte, entschieden sich die Pflegeeltern auch gegen die Adoption N. s, die am 6.6.2005 vom Jugendamt abgeholt und in die Familie der Beteiligten zu 2 gebracht wurde. Diese haben sie inzwischen adoptiert.

Während des Aufenthalts des Kindes im Haus ihres Sohnes hatten die Antragsteller zu N. Kontakt, wobei der Umfang desselben streitig ist. Die Antragsteller haben das Kind - vor dem Wechsel in die jetzige Familie - zuletzt am 29.5.2005 gesehen.

Sie stützen ihr Umgangsbegehren auf § 1685 Abs. 2 Satz 2 BGB.

Unmittelbar nach dem Wechsel des Kindes in die neue Familie hatten sie über das zuständige Jugendamt Kontakt gesucht. Dies wurde zunächst unter Hinweis auf das Adoptionsgeheimnis abgelehnt. Die Antragsgegner haben im weiteren Verlauf einen sofortigen Kontakt in Absprache mit dem Jugendamt abgelehnt, einen späteren Kontakt allerdings nicht ausgeschlossen. Die Antragsteller haben N. aber dann am 5.9.2006 an der Schule des ihnen zuvor unbekannten neuen Aufenthaltsorts gesehen, die Antragstellerin hat sie auch angesprochen.

Im vorliegenden Verfahren mit dem Antrag, ihnen Kontakt mit N. zu gewähren, wurden mehrfach Einigungsversuche unternommen und Zwischenvereinbarungen getroffen, die zum Ziel hatten, zu klären, ob die Umgangskontakte dem Kindeswohl dienen. Da dies nicht zur Klärung führte, hat das AG ein psychologisches Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben. Wegen des Ergebnisses wird Bezug genommen auf das Gutachten der Sachverständigen Dipl.-Psychologin Dr. S. K.-K. vom 28.11.2007 (Sonderband bei den Akten). Auch auf den Bericht des Verfahrenspflegers (Bl. 151 ff. GA) wird verwiesen.

Das AG hat den Antrag der Antragsteller, den es für zulässig, aber unbegründet hält, zurückgewiesen. Dabei hat es offen gelassen, ob es sich bei den Antragstellern überhaupt um enge Bezugspersonen i.S.d. § 1685 Abs. 2 Satz 1 BGB handelt, weil jedenfalls ein Umgang derzeit nicht dem Wohl des Kindes diene. Das AG hat sich ausführlich damit auseinandergesetzt, dass zwar nach dem Gutachten der Sachverständigen grundsätzlich ein Umgang des Kindes mit den Antragstellern seinem Wohl dienen könne, weil es erfahren könne, dass es auch verlässliche frühere Beziehungsangebote geben kann, es dadurch an seine Vergangenheit anknüpfen und zumindest einen Teil Kontinuität erfahren könne. Die Sachverständige mache aber auch klar, dass im Moment das existenziell wichtigste familiäre System ihre jetzige Familie sei. Alle Maßnahmen, die eine Destabilisierung dieses Systems zur Folge hätten, seien als nicht im Interesse des Kindeswohls liegend anzusehen. Erzwungene Kontakte zu den Antragstellern seien nicht im Interesse des Kindeswohls. Da es die Kindeseltern derzeit ablehnten, einen Kontakt zu ermöglichen, sei ein erzwungener Kontakt gegeben, der zumindest derzeit dem Kindeswohl nicht entspreche. Auch das Ergebnis der Kindesanhörung habe einen subjektiven Vorrang der derzeitigen stabilen familiären Situation ergeben. Im Übrigen hätten die Antragsgegner die Kontaktaufnahme zum älteren Bruder und auch den Eheleuten B ... jun. zugesagt, was ein grundsätzliches Interesse an der Aufarbeitung der Beziehungsbiografie des Kindes erkennen lasse.

Wegen der weiteren Begründung wird auf die Beschlussgründe Bezug genommen.

Gegen diesen Beschluss wenden sich die Antragsteller mit der Beschwerde, mit der sie ihr erstinstanzliches Ziel weiter verfolgen.

Sie wiederholen, N. in der Regel über das Wochenende von freitags mitt...

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