In höherem Alter des Kindes ist darüber hinaus mehr und mehr sein eigener Wille zu berücksichtigen.

Ab wann insgesamt gegen den erklärten Kindeswillen ein Umgang mit dem Umgangsberechtigten nicht angeordnet werden kann, wird im Einzelfall zu entscheiden sein und hängt mit der unterschiedlichen Persönlichkeitsentwicklung von Kindern zusammen.

Ein achtjähriges Kind wird das Umgangsrecht nicht bestimmen können. Der Wille eines fast 14-jährigen Kindes wird aber für die Frage der Umgangsregelung entscheidend sein können. Zumindest gegen den Willen eines 15-jährigen oder älteren Kindes darf ein Umgang nicht angeordnet werden. Ab diesem Alter bestimmt das Kind unabhängig vom Grad seiner persönlichen Reifung seinen Umgang stets selbst.[1]

Bei ablehnenden Kindeswillen vor Vollendung des 15. Lebensjahres kann es unter Umständen angemessen sein, die Gründe der ablehnenden Haltung des Kindes zu prüfen. Allgemein wird trotz unterschiedlicher Reifebildung eines Kindes aber angenommen werden müssen, dass eine sachgerechte Willensbildung des Kindes mindestens ab dessen 12. Lebensjahr zu bejahen ist. Dies ist auch Ausdruck der verfassungsrechtlich zu beachtenden Selbstbestimmung des Kindes.

Im Falle einer Prüfung des ablehnenden Willens wird entscheidend sein, ob die Einstellung des Kindes auf subjektiv beachtlichen, verständlichen Beweggründen beruht. Dies ist im Einzelfall auf der Grundlage der Persönlichkeits-/Reifeentwicklung des Kindes zu beurteilen. Der geäußerte Wille muss in jüngerem Alter ja nicht zwingend dem wahren Willen des Kindes entsprechen. Der Wille des Kindes, so das Bundesverfassungsgericht, darf nicht geprägt sein durch (eine) momentane oder manipulierte – möglicherweise durch Geschenke beeinflusste – Einstellung.

Im Zweifel wird hierzu ein Sachverständigengutachten eingeholt werden müssen. Dies gilt umso mehr, als das Familiengericht nach § 163 Abs. 2 FamFG anordnen kann, dass der Sachverständige in Verfahren, die die Person des Kindes betreffen, also auch in Umgangsverfahren, auf die Herstellung des Einvernehmens zwischen den Beteiligten hinwirken soll.

Letztlich gilt: Wann immer im Rahmen der Einzelfallprüfung nach dem Alter des Kindes dessen eigene Entscheidung zum Umgang als vorrangig angesehen wird, endet zumindest dort der Streit der Eltern um dem Umgang mit dem Kind.

Spätestens dann wird nicht mehr verletzt, nicht mehr "versehrt", worum die Eltern gestritten haben.

[1] So auch KG, FuR 2023, 35.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge