3.2.1 Grundsätze

§ 1685 BGB ist anders als § 1684 BGB ("Das Kind hat das Recht …") von der Position anderer Bezugspersonen ("Großeltern und Geschwister haben ein Recht …") her konzipiert. Ob dies konzeptionell sinnvoll ist, kann man unterschiedlich bewerten. Es gilt aber natürlich, dass auch § 1685 BGB "aus dem Blickwinkel des Kindes und seines Wohls" (Johannsen/Heinrich/Jaeger, Familienrecht, § 1685 Rn. 1) auszulegen ist.

Nach § 1685 Satz 2 gilt dies für enge Bezugspersonen, wenn diese für das Kind tatsächlich Verantwortung tragen oder getragen haben (sozial-familiäre Beziehung). Voraussetzung für die Gewährung des Umgangsrechts des biologischen Vaters war somit stets, dass bereits eine sozial-familiäre Beziehung zum Kind besteht. Gab es keine Beziehung oder konnte der Vater eine Beziehung nicht aufbauen, bleibt ihm der Kontakt verwehrt. Nach den beiden in der Begründung des Entwurfs (S. 6 u. 7) genannten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte war dies zu ändern. Nach den Entscheidungen des EGMR war nicht mit Art. 8 EMRK zu vereinbaren, dass der biologische Vater, der keine enge Bezugsperson des Kindes ist, auch dann kategorisch und ohne Prüfung des Kindeswohls vom Umgang mit seinem Kind ausgeschlossen ist, wenn ihm der Zustand, dass eine sozial-familiäre Beziehung nicht aufgebaut wurde, nicht zuzurechnen ist.

In der Konsequenz wurde das Umgangsrecht des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters mit Einführung des § 1686a BGB geregelt, dass dieser, solange die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht, er aber durch sein Verhalten gezeigt hat, dass er für das Kind tatsächliche Verantwortung tragen will,

  1. ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn der Umgang dem Kindeswohl dient, und
  2. bei berechtigtem Interesse ein Recht auf Auskunft von jedem Elternteil über die persönlichen Verhältnisse des Kindes, soweit dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.

Berechtigt, diese Rechte geltend zu machen, ist der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben.

3.2.2 Voraussetzungen für ein Umgangsrecht des biologischen Vaters

Die mit § 1686a BGB eingeführte Ergänzung zu §§ 1685 und 1686 BGB enthält vier Voraussetzungen:

 
(1) Eine Regelung erfolgt nur für Fälle, in denen das Kind bereits einen rechtlichen Vater hat (§ 1592 Nr. 1 oder Nr. 2 BGB oder § 1593 BGB).
(2) Der Anspruchsteller muss wirklich der biologische Vater sein.
(3) Der Anspruchsteller muss durch sein Verhalten gezeigt haben, "dass er für das Kind tatsächliche Verantwortung tragen will".
(4) Der konkrete Umgang muss dem Kindeswohl dienen.

Die einzelnen Voraussetzungen

Die erste Voraussetzung versteht sich von selbst.

Die zweite Voraussetzung, der Anspruchsteller muss wirklich der biologische Vater sein, soll als Vorfrage und nicht mit Durchführung einer förmlichen Beweisaufnahme geklärt werden (§ 167a FamFG). Eine Beweisaufnahme ist lediglich unter den Voraussetzungen von § 30 Abs. 3 FamFG durchzuführen (Bestreiten durch einen Beteiligten). Dann erwächst das Ergebnis auch nicht in Rechtskraft. Die Prüfungsreihenfolge, ob also eventuell zuvor die Voraussetzungen zu (3) und/oder (4) geklärt werden, obliegt dem erkennenden Gericht. Vorstellbar ist, dass zur Vermeidung erheblicher Kosten durch Gutachten die Neigung bestehen wird, gerade die Voraussetzung zu (4) zunächst zu prüfen/zu verneinen.

Die dritte Voraussetzung, dass der Anspruchsteller durch sein Verhalten gezeigt haben soll, dass er für das Kind tatsächlich Verantwortung tragen will, ist besonders problematisch. In der Begründung des Entwurfes werden beispielhaft Kriterien genannt wie als letztes Beispiel die Frage, ‹ob er (der Anspruchsteller) die Bereitschaft geäußert hat, Verantwortung für das Kind zu übernehmen› (was man ziemlich einfach bejahen kann). In der Begründung heißt es weiter dazu, dass die Gerichte dies zu prüfen hätten und diese Voraussetzung dem Umstand geschuldet sei, "dass Rechte anderer Betroffener von nicht minderem Rang gleichermaßen auf dem Spiel stehen".

Dieses Interesse wird an anderer Stelle der Begründung als ‹qualifiziertes Interesse an dem Kind› oder als "ernst zu nehmendes Interesse an dem Kind" bezeichnet. Gleichwohl scheint diese Voraussetzung in der Begründung nicht zu ernst genommen zu werden, weil es beispielsweise in der Begründung auf S. 14 unten etwas verkürzt heißt, dass der Antragsteller "aufgrund der biologischen Elternschaft zunächst grundsätzlich ein Recht auf Umgang mit seinem Kind hat, wenn dies dem Kindeswohl dient". Vom gezeigten Interesse ist dort nicht die Rede. Es ist vorstellbar, dass diese Voraussetzung in der Praxis nicht ganz ernst genommen werden wird.

Es ist natürlich auch zu fragen, ob nicht doch eine ernsthafte Gefahr besteht, dass ein Umgangs- oder Auskunftsbegehren nur um der Feststellung der Vaterschaft willen geltend gemacht wird. Dies soll in Fällen künstlicher Befruchtung die eidesstattliche Versicherung der Beiwohnung verhindern.

Eine eidesstattliche Versicherung wird letztlich aber nicht in der Lage sein, den Missbrauch tatsächlich auszuschließen.

Die Konz...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge