In der Rechtsprechung herrscht grundsätzlich die Auffassung vor, gegen den Willen eines Elternteils könne ein Betreuungswechselmodell niemals angeordnet werden, und zwar auch dann nicht, wenn festgestellt wird, dass die Betreuung im Rahmen des Wechselmodells dem Kindeswohl am besten entspricht.[1]

Dagegen sieht beispielsweise das OLG Braunschweig[2] keine Notwendigkeit dafür, den etwa gleichen Betreuungsumfang beider Eltern für ihr zweijähriges Kind zulasten des Vaters einzuschränken, was im Ergebnis die Bestätigung eines Wechselmodells im Rahmen einer umgangsrechtlichen Entscheidung bedeutet.

Nach differenzierender Auffassung des OLG München v. 15.1.2013[3] ist die Anordnung des Wechselmodells dann nicht möglich, wenn es am Willen und an der Kommunikationsbereitschaft eines Elternteils fehle.

In anderen Entscheidungen wird noch deutlicher argumentiert:

Nachdem zunächst das OLG Düsseldorf[4] erklärt hat, dass "jedenfalls vorläufig auch gegen den Widerstand eines Elternteils" das Wechselmodell angeordnet werden kann, hat nunmehr das AmtsG Duisburg[5] ähnlich ausdrücklich für das Hauptverfahren argumentiert.

Das Gericht hat in der Entscheidung gleich starke Bindungen des Kindes an beide Elternteile, eine gleiche Eignung zur Förderung und darüber hinaus erklärt:

  • "Der Aspekt der Kontinuität spricht ebenfalls für eine Beibehaltung des Wechselmodells."

Schon während des Bestehens der Beziehung hätten beide Eltern Anteile an der Erziehung und Versorgung gehabt. Es heißt dann in der Entscheidung weiter:[6]

  • "Ob der Betreuungsaufwand des einen oder anderen Elternteils überwogen hat oder nicht, ist nicht streitentscheidend. Denn die Eltern haben sich dafür entschieden, die Betreuung durch beide Elternteile fortzusetzen, indem sie I. (Anm.: das Kind) im wöchentlichen Wechsel betreut haben. Dem Grundsatz der Kontinuität entspricht es vor diesem Hintergrund am besten, wenn auch künftig eine Betreuung durch beide Elternteile stattfindet. Dies kann am besten durch das sog. Wechselmodell erreicht werden."

Das Amtsgericht erklärt dann weiter:

  • "Das Gericht konnte keine Anhaltspunkte dafür feststellen, dass im konkreten Fall die Beibehaltung des Wechselmodells nicht dem Kindeswohl dienlich sein könnte."

Im Ergebnis hat das Gericht dem Vater das Aufenthaltsbestimmungsrecht – hier gem. § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB – übertragen, weil dieser erklärt hat, er würde es nutzen, um das von der Kindesmutter nunmehr abgelehnte Wechselmodell wieder herzustellen.

Dass Eltern überhaupt streiten, steht der Praktizierung des Wechselmodells im Übrigen nicht entgegen.

Das Amtsgericht führt dazu völlig richtig aus:[7]

  • "Im Gegenteil haben Eltern in der Regel weniger Konflikte als Eltern im Residenzmodell.[8] Während Konflikte die Kinder in jedem Betreuungsmodell gleichermaßen belasten (können), bietet das Wechselmodell den von den Elternkonflikten betroffenen Kindern die Chance, die hieraus resultierenden Nachteile zumindest teilweise dadurch zu kompensieren, dass sie an den positiven Ressourcen beider Eltern partizipieren, indem sie abwechselnd bei ihnen leben."

Aber auch hohes Konfliktpotential verhindert nach Auffassung des Amtsgerichts Hannover das Wechselmodell nicht. Das Gericht erklärt:[9]

  • "Das Gericht verkennt nicht das – weiterhin – hohe Konfliktverhalten der Eltern untereinander; im Gegenteil, dieses wurde in der mündlichen Verhandlung nochmals mehr als deutlich. Gleichwohl sind beide, jeder auf seine Art und Weise, bestrebt, für die Kinder bestmögliche Verhältnisse und Bedingungen zu schaffen."

Das Amtsgericht begründet sodann seine Entscheidung wie folgt:

  • "Nach Überzeugung des Gerichts –die vom Verfahrensbeistand und dem Jugendamt geteilt wird – ist der Konflikt der Eltern nicht über die (Neu-)Verteilung von Betreuungszeiten auflösbar. Die vom Vater behauptete negative Beeinflussung der Kinder durch die Mutter bleibt unberührt von der Aufenthaltsdauer der Kinder bei ihr."

Der BGH hat sodann erklärt, dass ein Wechselmodell in der Betreuung von Kindern durchaus auch gegen den Willen eines Elternteils angeordnet werden kann.[10] Zwar sind, so der BGH, die gesetzlichen Regelungen zur elterlichen Sorge nach Elterntrennung (insbesondere §§ 1671, 1684, 1687 BGB) eher am Residenzmodell ausgerichtet; hieraus könne aber keine negative Aussage bezüglich anderer Betreuungsmodelle, wie insbesondere des Wechselmodells, gefolgert werden. Die gesetzliche und praktisch übliche Aufspaltung in einen hauptsächlichen Aufenthalt und einen Besuchsaufenthalt des Kindes sei nicht gesetzlich generell vorgegeben, ein Hauptwohnsitz werde nur für bestimmte Einzelfragen gefordert (z. B. Melderecht, Sozialleistungen etc.).[11]

Der Vorstand des Deutschen Familiengerichtstags erklärt zur Möglichkeit der Anordnung des Wechselmodells auch gegen den Willen eines Elternteils, dass es die hohen menschlichen und organisatorischen Voraussetzungen eines Wechselmodells doch als zweifelhaft erscheinen ließen, ob aufgezwungene intensive Kooperation kindgerecht funktionieren könne.[12] Ge...

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