Das Alternativmodell zum Lebensmittelpunkt und zum überwiegenden Zusammenleben mit einem Elternteil bildet das sog. Wechselmodell. Die Eltern teilen sich die Betreuungszeiten für das Kind, indem beispielsweise ein wöchentlich wechselnder Aufenthalt bei den jeweiligen Elternteilen praktiziert wird.

 
Hinweis

Wechselmodell abzugrenzen von Residenzmodell

Beim Wechselmodell hat das Kind zwei funktionierende Zuhause und nicht, wie beim Residenzmodell, ein Zuhause und einen Besucher.

In anderen Ländern ist das Wechselmodell sehr verbreitet. In Norwegen beträgt der Anteil 25 % aller Trennungskinder, in Schweden 33 %, in Belgien 27 %, in den Niederlanden und Großbritannien 17 %.

Um ein Wechselmodell anzunehmen, bedarf es allerdings nicht der exakten hälftigen Aufteilung der Betreuungszeiten. Auch bei einer Aufteilung während der Woche in 3 Tagen bzw. 4 Tagen bei dem jeweils anderen Elternteil muss noch vom Wechselmodell gesprochen werden. Die Grenze wird man bei einer Betreuung von 1/3 zu 2/3 sprechen müssen. In solchen Fällen handelt es sich, so der BGH, um "großzügigen Besuchskontakt".

Der BGH erklärt: "Übernimmt ein Elternteil den größeren Anteil der Betreuung, so ist der andere Elternteil allein barunterhaltspflichtig. Der Unterhaltsanspruch richtet sich dann allein nach dessen Einkommen."

Problematisch ist allerdings das Verlangen des BGH nach einer exakt gleichen zeitlichen Aufteilung, um von einem Wechselmodell ausgehen zu können.[1]

 
Hinweis

Einordnung als Wechselmodell hat erhebliche praktische Auswirkungen

Die Einordnung hat erhebliche Auswirkungen auf die Berechnung des Kindesunterhalts. Liegt die Betreuung schwerpunktmäßig bei einem Elternteil, befindet sich das Kind in seiner Obhut mit der Folge, dass der Barbedarf des Kindes allein am Einkommen des anderen Elternteils auszurichten und von diesem zu zahlen ist.[2]

Es ist streitig, ob ein Wechselmodell grundsätzlich mit dem Kindeswohl vereinbar ist. Abschließende entwicklungspsychologische Erkenntnisse über die Auswirkungen des Wechselmodells auf das Kindeswohl liegen nicht vor.

Es ist anerkannt, dass mit dem regelmäßigen Wechsel des Kindes zwischen zwei Haushalten Vorteile für das Kind und für die Eltern verbunden sind. Die enge Eltern-Kind-Beziehung zwischen dem Kind und beiden Elternteilen wird aufrechterhalten. Das Kind erlebt den Alltag mit beiden Eltern. Es gibt weniger Loyalitätskonflikte für das Kind und mehr Kontakte mit den Familienangehörigen und dem Freundeskreis beider Eltern.

Beide Elternteile bleiben in der Verantwortung für ihre Kinder und werden durch das Wechselmodell von der Mehrfachbelastung, die bei einem allein erziehenden Elternteil besteht, entlastet.

Gleichwohl stehen diesen Vorteilen in Einzelfällen auch Gefahren und Nachteile gegenüber. Mit dem regelmäßigen Wechsel sind Belastungen für das Kind verbunden, die ein hohes Maß an Kooperation, Kommunikation und Kompromissbereitschaft der Eltern und auch der Kinder erfordern; auch Mehrkosten und ein evtl. Verlust von Unterhaltsansprüchen können für den/die Betroffenen eine Rolle spielen.

[1] BGH, FamRZ 2007, 707: Zwischen 48 % und 52 %; OLG Dresden, FuR 2022, 219: 45 % reicht für die Einordnung als Wechselmodell nicht aus.
[2] BGH, FamRZ 2006, 1015 mit Anm. Luthin; ausführlich dazu Horndasch, AnwaltFormulare Kindschaftsrecht § 7 Rn. 26 ff.

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