Leitsatz

Haben die Wohnungseigentümer eines Hauses einer Mehrhausanlage die Beschlusskompetenz, dieses Haus allein zu verwalten, sind davon aber die Außenanlagen ausgenommen, können die Wohnungseigentümer des Hauses allein keiner baulichen Veränderung an einer Terrasse zustimmen.

 

Normenkette

§ 29 GBO; §§ 5 Abs. 4 Satz 1, 10 Abs. 2, Abs. 3, 13 Abs. 2 WEG

 

Sachverhalt

Das Problem

  1. In einer Wohnungseigentumsanlage gibt es das Haus A und das Haus B. In der Gemeinschaftsordnung aus dem Jahr 1999 heißt es unter anderem wie folgt:

    „Die Wohnanlage besteht aus 2 wirtschaftlich selbstständigen Mehrfamilienhäusern und einer Garagenanlage (4 Garagen). Die Wohnhäuser ... sind wirtschaftlich voneinander abgegrenzte Verwaltungseinheiten.

    Die Wohnungs- und Teileigentümer vereinbaren, diese Verwaltungseinheiten wirtschaftlich als selbstständige Eigentümergemeinschaften zu behandeln, insbesondere alle anfallenden Kosten für die Verwaltungseinheiten getrennt zu ermitteln und abzurechnen, soweit dies tatsächlich und rechtlich möglich ist. Unbeschadet der §§ 26 ff. WEG haben die jeweiligen Eigentümer der Verwaltungseinheiten die alleinige Verwaltung dieser wirtschaftlich selbstständigen Einheiten sowie der von dem jeweils dazugehörigen Sondernutzungsrecht betroffenen Teile des Gemeinschaftsgrundbesitzes.

    Die jeweiligen Eigentümer dieser Verwaltungseinheiten sind berechtigt, mit diesen Einheiten sowie von den Sondernutzungsrechten betroffenen Teilen des Gemeinschaftseigentums so zu verfahren, wie wenn die entsprechenden Verwaltungseinheiten auch rechtlich eine gesonderte Eigentümergemeinschaft wären. ... Vorstehende Regelung beinhaltet auch das Recht der jeweiligen Eigentümer der einzelnen Verwaltungseinheiten, bauliche Änderungen an dem zu den einzelnen Verwaltungseinheiten gehörenden Gebäulichkeiten gegenüber der derzeitigen Planung vorzunehmen, insbesondere kleine Anbauten zu erstellen ... Gleiches gilt für technische Einrichtungen und sonstige Anlagen am Gemeinschaftseigentum, soweit es zu der jeweiligen Verwaltungseinheit gehört. Die einzelnen Verwaltungseinheiten sind auch berechtigt, Sondernutzungsrechte bezüglich des zu ihrem Bereich gehörenden Gemeinschaftseigentums zu begründen. Von dieser Vereinbarung der getrennten wirtschaftlichen Verwaltung ausgenommen sind die gemeinschaftlichen Außenanlagen.”

  2. Im Jahr 1999 wird dem Wohnungseigentum 1 im Haus A das Sondernutzungsrecht an einer in einem Lageplan rot schraffierten Gartenfläche einschließlich Terrasse zugewiesen.
  3. Sämtliche Einheiten in Haus A gehören V. 2013 veräußert dieser dem K sein Wohnungseigentum 1 im Haus A. Mit dem Verkauf macht V von einem angenommenen "Zuweisungsrecht" Gebrauch und weist der Einheit 1 Sondernutzungsrechte an einer Gartenfläche, an einer Terrasse sowie an einem Raum zu, der bisher als Heizungsraum diente. Weil K auf der Terrasse einen Wintergarten errichten will, stellt V zum Inhalt des Sondernutzungsrechts an der Terrasse "klar", dass K dort einen Wintergarten errichten darf.
  4. Das Grundbuchamt lehnt die Eintragung des Sondernutzungsrechts am Keller bzw. an der Inhaltsänderung des Terrassensondernutzungsrechts ab. Es fehlten die Bewilligungen der Wohnungseigentümer von Haus B sowie die Bewilligung der betroffenen dinglich Berechtigten von Haus B. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde.
 

Entscheidung

  1. Teils mit Erfolg, teils ohne! Die Entscheidung zu den Terrassen sei richtig. Zwar sei es zulässig, in der Gemeinschaftsordnung für eine Mehrhausanlage "Untergemeinschaften mit eigener Beschlussfassungskompetenz und eigener Verwaltungszuständigkeit" zu bilden (Hinweis auf BGH v. 20.7.2012, V ZR 231/11, NJW-RR 2012 S. 1291 Rz. 10; Hügel, NZM 2010, S. 8, 13). So wäre es auch hier. Den Eigentümern von Haus A sei aber keine umfassende Beschlusskompetenz in allen das Haus A betreffenden Angelegenheiten zugewiesen. Die Änderung des Inhalts der Sondernutzungsrechte sei davon zum Beispiel nicht erfasst gewesen. Der Anbau eines Wintergartens könne nämlich dazu führen, dass eine einheitliche Gestaltung der Außenanlagen nicht mehr gewährleistet sei. Aus denselben Gründen scheide es auch aus, V als ermächtigt anzusehen, den Inhalt des Sondernutzungsrechts zu bestimmen. Der Annahme einer Ermächtigung stehe die Schranke der Einheitlichkeit der Außenanlagen entgegen.
  2. Begründet sei die Beschwerde hingegen, soweit es um die Einräumung eines Sondernutzungsrechts am bisherigen Heizungskeller gehe. Die Eigentümer im Haus B müssten hieran also nicht mitwirken. Die Grenze der "Beschlusszuständigkeit der Untergemeinschaft" sei zwar dann überschritten, wenn sich der Mitgebrauch aller Wohnungseigentümer auf die Fläche, an der ein Sondernutzungsrecht begründet werden soll, erstrecke. Die Gemeinschaftsordnung müsse daher genau festlegen, hinsichtlich welcher Flächen die Wohnungseigentümer vom Mitgebrauch ausgeschlossen sein sollen. Sei dies geschehen, sei die Zustimmung aller dinglich Berechtigten für eine Zuweisung von Nutzungsrechten an einzelne Wohnungseigentümer aber entb...

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