Leitsatz

Zur Umdeutung einer - nach dem früheren Mietpreisbindungsrecht für Altbauten in Berlin - unzulässigen Vereinbarung über abzurechnende Betriebskostenvorauszahlungen in eine gesetzlich seinerzeit zulässige Abrede über die Zahlung einer Betriebskostenpauschale.

 

Fakten:

Im Mietvertrag von 1987 war vereinbart "Miete und Nebenkosten belaufen sich insgesamt zurzeit" auf 286,75 DM monatlich. Darin enthalten waren die Nettomiete und "Vorschüsse" für die vom Mieter anteilig zu entrichtenden Nebenkosten, und zwar für die Heizkosten 70 DM und für die übrigen Nebenkosten insgesamt 108,29 DM. Der Vermieter war nach dem Vertrag berechtigt, "die Vorschüsse auf den voraussichtlichen Jahresbedarf zu erhöhen" und verpflichtet, "jährlich bis zum September abzurechnen". Seit Beginn des Mietverhältnisses wurde über die Heizkosten jährlich abgerechnet, nicht aber über die sonstigen Betriebskosten.

Der Vermieter erhöhte die Miete regelmäßig wegen gestiegener Betriebskosten, wobei er schriftlich mitteilte, welche Betriebskosten um welche Beträge gestiegen waren. Der Mieter zahlte die erhöhte Miete. Nach Mietende klagt er die Kaution ein sowie die Rückzahlung von geleisteten Vorschüssen auf die sonstigen Betriebskosten, über welche der Vermieter vertragswidrig nicht abgerechnet hätte. Der BGH gibt dem Vermieter recht. Die Vereinbarungen der Parteien sind als Vereinbarung einer Bruttokaltmiete zu deuten, die vom Mieter geleisteten Zahlungen stellten also den pauschalen Betriebskostenanteil dar, welchen der Mieter mit rechtlichem Grund geleistet hat und ihn deshalb nicht vom Vermieter zurückverlangen kann. Die Vereinbarung hinsichtlich der Zahlung von Vorauszahlungen auf über die Heizkosten hinausgehende Betriebskosten war nicht wirksam, weil die Wohnung dem damaligen Mietpreisbindungsrecht für Altbauten in Berlin unterfiel, das eine solche Vereinbarung nicht zuließ. Der Mieter hatte nach Aufhebung der Mietpreisbindung für Altbauten nie eine Abrechnung der Betriebskosten verlangt und hat die geforderten Mieterhöhungen wegen gestiegener Betriebskosten anstandslos beglichen.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 9.3.2011 – VIII ZR 132/10

Fazit:

Der BGH kommt im vorliegenden Fall zur Umdeutung einer vertraglichen Regelung allein aufgrund einer langjährigen Vertragspraxis. Die Umdeutung der Regelung hat eine Änderung der Vertragsstruktur zur Folge. Grundsätzlich kann die Vertragsstruktur hinsichtlich der Betriebskostenvereinbarungen nur durch ausdrückliche Vereinbarung geändert werden, allein eine langjährige Vertragspraxis ändert den Vertrag nicht, es müssen in der Regel noch weitere Umstände hinzukommen, welche einen gemeinsamen Vertragsänderungswillen zum Ausdruck bringen.

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