Rz. 55

Die Frau übernimmt den Familiennamen des Ehemannes; jedoch kann sie seit 1997 gegenüber dem Standesbeamten erklären oder später nach einem schriftlichen Antrag bei der Verwaltung des Personenstandsregisters ihren bisherigen Namen dem Namen ihres Ehemannes voranstellen lassen.[74] Trägt sie bereits einen Doppelnamen, so kann sie von diesem Recht nur zugunsten eines Namens Gebrauch machen (Art. 187 türkZGB).[75]

 

Rz. 56

In einem revolutionären Urteil hat der türkische Kassationshof die Benutzung des Mädchennamens der Frau auch nach der Heirat genehmigt und dies mit Art. 8 und Art. 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention und mit Art. 16 der "Konvention zur Abschaffung aller Diskriminierungen gegen Frauen" begründet.[76]

"Die Regelung des türkischen Rechts, wonach verheiratete Frauen verpflichtet sind, im Namen der Familieneinheit den Namen des Mannes zu führen, und lediglich berechtigt sind, ihren Geburtsnamen dem Ehenamen voranzustellen, verstößt gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 14 i.V.m. Art. 8 MRK."[77]

Erhält die Ehefrau nach der Scheidung das Sorgerecht für das Kind, kann sie dem Kind ihren Mädchennamen als Familiennamen vergeben.[78]

[74] Änderungsgesetz v. 14.5.1997, Gesetzesnummer: 4248/1.
[75] Vgl. Art. 160 schwZGB: "Der Name des Ehemannes ist der Familienname der Ehegatten. Die Braut kann jedoch gegenüber dem Zivilstandsbeamten erklären, sie wolle ihren bisherigen Namen dem Familiennamen voranstellen. Trägt sie bereits einen solchen Doppelnamen, so kann sie lediglich den ersten Namen voranstellen." – Die Regelung des türkZGB muss m.E. rechtspolitisch dahingehend interpretiert werden, dass die Frau freie Wahl zwischen dem bisherigen und dem angestammten Namen (Mädchenname) hat. Ein Rechtssystem, das den Namen des Ehemannes zwingend auf die Ehefrau überträgt, muss mindestens solche Kompensationen anbieten. Es wäre für die Zukunft wünschenswert, dass der türkische Gesetzgeber den Brautleuten freie Wahl hinsichtlich des Familiennamens einräumt.
[76] Kassationshof, Urt. v. 28.4.2015, E. 2014/20471, K. 2015/8704.
[77] Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte v. 16.11.2004, 4. Sektion, 29865/96, FamRZ 2005, 427.
[78] Urteil des türkischen Verfassungsgerichtes vom 25.6.2015, AntragsNr.: 2013/3434 im Amtsblatt vom 2.10.2015 Nr. 29490; Urteil des 2. Zivilsenats des Kassationshofes v. 9.4.2018, E. 2018/1306, K. 2018/4719.

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