Rz. 266

Statt des Konkurses kann auch der Weg des Vergleichsverfahrens (konkordato) eingeschlagen werden. Die Anmeldung kann durch den Schuldner oder einen Gläubiger erfolgen. Der Vergleich ist auf "Sanierung" gerichtet und setzt voraus, dass die Zahlungsschwierigkeiten vom Schuldner nicht vorsätzlich herbeigeführt worden sind und sämtliche Bücher und ein Schulden- bzw. Entschuldungsplan vorgelegt werden (Art. 285 ff. ZVG). Mit der Anmeldung kann der Schuldner einen befristeten Aufschub erlangen, der durch das Gericht erlassen und landesweit bekannt gemacht wird (iflâsın ertelenmesi), man spricht auch von einer Vergleichsstundung (mühlet). Mit diesem Beschluss erreicht der Schuldner die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung in solche Vermögenswerte, für die nicht bereits Pfandrechte bestellt worden waren (Art. 289 ZVG). Einsprüche von Gläubigern, die innerhalb von sieben Tagen nach Bekanntmachung des Aufschubes zu erheben sind, lassen den Aufschub unberührt. Die Stundung erfolgt zunächst vorläufig (geçici mühlet), wobei auch die erforderlichen Maßnahmen zur Sicherung des Vermögens getroffen werden, dann "endgültig" (kesin mühlet) auf ein Jahr, das um höchstens sechs Monate verlängert werden kann.

 

Rz. 267

Mit dem Erlass der vorläufigen Stundung wird ein vorläufiger Vergleichskommissar (geçici konkordato komiseri) eingesetzt. In dieser Phase werden die ersten Sicherungsmaßnahmen getroffen, bevor die "endgültige" Stundung erfolgt. Mit dem Stundungsbeschluss wird der "endgültige" Vergleichskommissar bestellt, welcher in der Regel zuvor der vorläufige Vergleichskommissar war. Dieser prüft den Vermögensbestand, erstellt unter Mitwirkung des Schuldners ein Verzeichnis und beruft die Gläubigerversammlung ein, die er auch leitet (Art. 294 ZVG). Der Vergleich kommt mit einer Mehrheit von zwei Dritteln des Forderungsaufkommens und der Gläubiger zustande; wer nicht zustimmt, ist an den Vergleich auch nicht gebunden. Das Gericht stimmt dem Vergleich zu, wenn gewährleistet ist, dass sich der Schuldner jeglicher die Gläubiger schädigenden Handlung enthält und auch tatsächlich sein gesamtes Vermögen berücksichtigt worden ist. Noch nicht angefallenes Erbschaftsvermögen kann, muss aber nicht berücksichtigt werden. Gegen den Beschluss des Gerichts ist die Berufung statthaft.

 

Rz. 268

Kommt der Vergleich nicht zustande oder wird seine Bestätigung durch das Gericht abgelehnt, wird der Konkurs eröffnet. Gleiches ist der Fall, wenn ein Gläubiger die Stundung angefochten hat. Gläubiger, deren Forderungen im Vergleichsverfahren bestritten worden sind, müssen innerhalb von zehn Tagen nach dem Beschluss des Gerichts Klage erheben.

 

Rz. 269

Der Vergleich kann auch nach der Beendigung des Konkursverfahrens beantragt werden (Art. 309 ZVG).

 

Rz. 270

Eine neue Variante des Vergleichs gibt es seit der Reform vom Juli 2003 (Art. 309a309l ZVG). Hierbei entäußert sich der Schuldner seiner Verfügungsbefugnisse über sein Vermögen oder wesentliche Teile seines Vermögens zugunsten der Gläubiger (Vergleich mit Vermögensüberlassung). Die Verfügungsbefugnisse werden durch die Vergleichsliquidatoren (sing. konkordato tasfiye memuru) oder die Gläubigerversammlung ausgeübt. Das Verfahren nimmt damit konkursähnliche Züge an.

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