Rz. 85

In den meisten Fällen wird das Ziel verfolgt, den überlebenden Ehegatten weitgehend zu begünstigen. Dies kann güterrechtlich geregelt werden. Leben die Ehepartner im gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung, ist schon von Gesetzes wegen jeder von ihnen zur Hälfte an der Errungenschaft des anderen, am sog. Vorschlag, beteiligt. Art. 237 Abs. 1 ZGB bietet die Möglichkeit, durch öffentlich beurkundeten Ehevertrag einem der Ehegatten einen über die hälftige Beteiligung an der Errungenschaft hinausgehenden Anteil zuzuweisen. Jedoch dürfen solche Vereinbarungen die Pflichtteilsansprüche der nicht gemeinsamen Kinder und deren Nachkommen nicht beeinträchtigen (Art. 237 Abs. 2 ZGB).[133] Sind die Eheleute kinderlos oder haben sie nur gemeinsame Nachkommen, können sie die Vorschlagszuteilung beliebig vereinbaren und sogar den Vorschlag insgesamt dem überlebenden Ehegatten zuweisen, so dass allein das Sondergut des Erblassers in den Nachlass fällt. Das Risiko, dass die Ehe nicht durch den Tod, sondern beispielsweise durch Scheidung aufgelöst wird und dadurch ein ungewolltes Ergebnis durch Errungenschaftszuweisung entsteht, wird durch das Gesetz abgewendet. Im Zweifel gelten diese Vereinbarungen über die Zuteilung der Errungenschaftsbeteiligung nur für die Auflösung der Ehe wegen Todes (Art. 238 ZGB). Ist im Ehevertrag nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart, wird die Errungenschaft nach den gesetzlichen Regeln je zur Hälfte geteilt. Hierbei ist nicht zu vergessen, dass die Eheverträge nur im gegenseitigen Einverständnis wieder aufgehoben und geändert werden können.

 

Rz. 86

Die maximale Begünstigung der Ehegatten kann auch durch Erbverzichtsvertrag mit sämtlichen Pflichtteilserben und durch die gegenseitige Begünstigung der beiden Ehepartner mit Erbvertrag auf den Todesfall hin erreicht werden.

[133] Das türkische Recht hat auch insoweit die Regelung des schweizerischen Rechts übernommen, siehe hierzu Art. 216 Abs. 2 schwZGB sowie Süß, in: Mayer/Süß/Tanck/Bittler, Handbuch Pflichtteilsrecht, 4. Aufl. 2017, § 19 Rn 428 ff.

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