Rz. 7

Das tschechische Recht knüpft das Erbstatut nicht mehr an die Staatsangehörigkeit des Erblassers an, sondern – wie die seit 17.8.2015 maßgebliche Europäische Erbrechtsverordnung (siehe Rdn 6) – grundsätzlich an den Aufenthalt. Gemäß § 76 IPRG richten sich die erbrechtlichen Rechtsbeziehungen nach der Rechtsordnung des Staates, in dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Die Regelung im IPRG, nach der sich das Erbstatus nach dem tschechischen Recht (ungeachtet des gewöhnlichen Aufenthalts) richtet, wenn der Erblasser die tschechische Staatsangehörigkeit besitzt und zumindest einer der Erben seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Tschechischen Republik hat, kann man wegen der Regelung in der EuErbVO nicht mehr anwenden. Verstirbt also ein Deutscher mit gewöhnlichem Aufenthalt in Tschechien, ist wegen der Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt aus tschechischer Sicht tschechisches Recht anzuwenden.

 

Rz. 8

Internationale Verträge und bilaterale Abkommen gehen, wie bisher, der allgemeinen Kollisionsnorm vor. Sie können insbesondere im Verhältnis zu früher sozialistischen Staaten bestehen. Bilaterale Abkommen zwischen Deutschland und Tschechien existieren nicht.

 

Rz. 9

Nach dem Erbstatut richtet sich insbesondere, ob ein Erbfall vorliegt, was zur Erbmasse gehört, wer erbfähig oder erbunwürdig ist, wer als gesetzlicher Erbe in Betracht kommt oder wie der Erbe haftet. Bei testamentarischer Erbfolge entscheidet die allgemeine Kollisionsnorm darüber, ob ein Testament überhaupt errichtet werden darf und inwieweit ein solches pflichtteilsberechtigte Personen benachteiligen darf. Die Frage nach der Testierfähigkeit, Willensmängeln bei der Testamentserrichtung, der Testamentsform und der Zulässigkeit der Testamentsarten richtet sich vorrangig nach EuErbVO vor spezielleren Bestimmungen des § 77 IPRG.

 

Rz. 10

Die EuErbVO ist ebenfalls nach 17.8.2015 vorrangig im Bezug zum Rechtswahl trotz ähnlicher Regelung im neuen tschechischen Recht anzuwenden. Nach § 77 Abs. 4 IPRG kann der Erblasser im Testament anstelle der anwendbaren Rechtsordnung die Rechtsordnung des Staates wählen, in dem er im Zeitpunkt der Testamentserrichtung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder auch die Rechtsordnung des Staates, dessen Staatsangehöriger er im Zeitpunkt der Errichtung ist. Dies gilt auch für Immobilien. Einem Erblasser steht es jetzt also uneingeschränkt offen, sein Heimatrecht oder das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts zu wählen.

 

Rz. 11

Rück- und Weiterverweisungen werden nach § 21 IPPRG grundsätzlich angenommen. Hiervon ausgenommen sind lediglich schuldrechtliche und arbeitsrechtliche Rechtsverhältnisse, es sei denn, die Beteiligten haben etwas anderes vereinbart.

Verstirbt also ein Tscheche mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland, ist bis zum Ablauf des 16.8.2015 aus tschechischer Sicht zunächst das deutsche Recht anzuwenden. Da aber das deutsche Recht gemäß Art 25 Abs. 1 EGBGB auf das Heimatrecht verweist und das tschechische Recht die Rückverweisung annimmt, ist tschechisches Recht anzuwenden. Hat allerdings einer der Erben seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Tschechien, findet aufgrund der oben beschriebenen Sonderregel (vgl. Rdn 7) unmittelbar tschechisches Recht Anwendung. Nach 17.8.2015 ist die Frage der Rück- und Weiterverweisungen vorrangig nach EuErbVO zu bestimmen.

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