Bei Wohnungseigentümern, die mangels Kostentragungsverpflichtung den vorhandenen Treppenlift nicht nutzen dürfen, kann das Bedürfnis entstehen, diese neu geschaffene Einrichtung nutzen zu wollen. Insoweit regelt § 21 Abs. 4 WEG, dass ein Wohnungseigentümer, der nicht berechtigt ist, Nutzungen zu ziehen, verlangen kann, dass ihm dies nach billigem Ermessen gegen angemessenen Ausgleich gestattet wird.

 
Praxis-Beispiel

Ein weiterer Wohnungseigentümer will den Treppenlift nutzen

Nachdem der Treppenlift vor einem Jahr eingebaut wurde, wächst bei Wohnungseigentümer D der Wunsch, diesen ebenfalls nutzen zu dürfen.

Wohnungseigentümer D hat nicht einfach einen durch entsprechende Vereinbarung mit den Wohnungseigentümern A, B und C herbeizuführenden Anspruch auf Nutzung des Aufzugs. Er muss eine entsprechende Beschlussfassung der Wohnungseigentümer herbeiführen – einen Beschluss, den nicht nur die die Maßnahme finanzierenden Wohnungseigentümer A, B und C zu fassen haben, sondern die Gesamtgemeinschaft. Im Ergebnis muss also ein weiteres Mal über den Treppenlift abgestimmt werden, wenn Wohnungseigentümer, die bei der ursprünglichen Beschlussfassung entweder nicht mitgewirkt haben, sich ihrer Stimme enthalten oder sogar gegen die Maßnahme gestimmt haben, später doch noch an den Nutzungen partizipieren möchten.

§ 21 Abs. 4 WEG verleiht dem Wohnungseigentümer insoweit einen Anspruch auf Beschlussfassung. Der Anspruch ist dann positiv zu bescheiden, wenn dies

  1. billigem Ermessen entspricht und
  2. ein angemessener Ausgleich geleistet wird.

"Billigkeit"

"Billig" ist eine Verwaltungsmaßnahme dann, wenn sie die Umstände der konkreten Situation berücksichtigt und dem entspricht, was in vergleichbaren Fällen üblich ist. Billigkeitskriterien sind daneben

  • die Wirtschaftlichkeit des Beschlussgegenstands,
  • das Diskriminierungsverbot,
  • der Gleichbehandlungsgrundsatz,
  • die Treuepflicht und schließlich
  • der Kernbereich des Wohnungseigentums.

Unter Beachtung dieser Kriterien darf kein Wohnungseigentümer gegenüber anderen Wohnungseigentümern benachteiligt werden. Insbesondere die Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes wird in aller Regel dazu führen, dass auch Wohnungseigentümer, die sich nachträglich für eine Baumaßnahme entschieden haben, als Nachzügler einen Anspruch auf positive Beschlussfassung haben.

Angemessener Ausgleich

Ein Anspruch auf positive Beschlussfassung kann nur dann bestehen, wenn der Wohnungseigentümer bereit ist, einen angemessenen Ausgleich zu leisten. Dieser Ausgleich bemisst sich an den für die Maßnahmendurchführung ursprünglich aufgewendeten Kosten – im Beispielsfall oben: 12.000 EUR. Wie der als Ausgleichsbetrag zu zahlende Betrag zu ermitteln ist, lässt das Gesetz zwar offen, allerdings sind jedenfalls die Kosten der ursprünglichen Bauerrichtung sowie Kosten etwaiger zwischenzeitlicher Erhaltungsmaßnahmen auf einen Nachzügler umzulegen. Keine Berücksichtigung können allerdings zwischenzeitlich angefallene Betriebskosten finden.

An wen im Übrigen der Ausgleichsbetrag zu zahlen ist, regelt das Gesetz nicht. Beschließen die Wohnungseigentümer nichts Abweichendes, ist der Ausgleichsbetrag an die Gemeinschaft zu leisten und wäre dann anteilsmäßig auf A, B und C im Rahmen der Jahresabrechnung auszukehren. Es kann aber auch beschlossen werden, dass der Betrag von D unmittelbar an A, B und C gezahlt wird.

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