1 Allgemeines

1.1 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift ist als Teil des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG) v. 5.12.2006[1] mit Wirkung zum 1.1.2007 in Kraft getreten und seither unverändert geblieben. Die Regelung schreibt für das BEEG die Rechtswegzuweisung des früheren § 13 BErzGG fort. Mit der Bekanntmachung der Neufassung des BEEG v. 27.1.2015[2] ist auch § 13 mit geringen redaktionellen Anpassungen, aber ohne inhaltliche Änderung neu bekannt gemacht worden.

[1] BGBl. I S. 2748.
[2] BGBl. I S. 33.

1.2 Zweck und Systematik

 

Rz. 2

Die Regelung verfolgt den Zweck, Streitigkeiten nach den §§ 1-12 BEEG den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zuzuweisen (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 10 SGG).[1] Das sind typischerweise Streitigkeiten zwischen Berechtigten und den zuständigen Behörden über das Elterngeld, Elterngeld Plus oder Partnerschaftsbonus. Trotz dieser Regelung bleibt der Rechtsweg in Streitigkeiten nach dem BEEG zersplittert: So führt z. B. der Rechtsweg bei Streitigkeiten über eine Geldbuße nach § 14 BEEG zu den ordentlichen Gerichten – Amtsgerichte (§ 68 Abs. 1 OWiG). Über Fragen der Elternzeit nach §§ 15-21 BEEG entscheiden die Arbeitsgerichte. Eine Ausnahme hiervon bildet die Erteilung der Zustimmung nach § 18 Abs. 1 Satz 2 BEEG; Streitigkeiten hierüber sind den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit übertragen.

 

Rz. 3

Innerhalb der Vorschrift regelt Abs. 1 Satz 1 die Zuweisung von Streitigkeiten wegen Elterngeld an die Sozialgerichtsbarkeit. Satz 2 trifft eine Bestimmung über die Festlegung der Widerspruchsstelle, bezieht sich also auf das sozialgerichtliche Vorverfahren (§ 62 SGB X). Abs. 2 wiederum trifft eine prozessrechtliche Regelung über die Frage der aufschiebenden Wirkung (Suspensiveffekt) von Widerspruch und Anfechtungsklage.

[1] Feddern, jurisPK-SGB X § 62 Rn. 19; kritisch zur Rechtswegzuweisung: Cranshaw, SGB 2021, 179, 185.

2 Inhalt der Norm

2.1 Rechtswegzuweisung von Streitigkeiten nach §§ 1-12 BEEG (Abs. 1 Satz 1)

 

Rz. 4

Rechtsstreite wegen Elterngeld, Elterngeld Plus und Partnerschaftsbonus nach den §§ 1-12 BEEG sind den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesen. Die Bestimmung ist eine Rechtswegzuweisung i. S. d. § 51 Abs. 1 Nr. 10 SGG. Sie betrifft nur Rechtsstreite über Fragen der im Einzelnen aufgeführten Bestimmungen des BEEG. Die Zuweisung betrifft neben Streitigkeiten über den Grund, die Höhe und Bezugsdauer der Arten des Elterngelds; auch solche zwischen Berechtigten über die Verteilung der Bezugszeiten (§ 5 BEEG). Auch Fragen zum Beginn der Leistung nach Antragstellung sowie über Nebenpflichten aus §§ 8, 9 BEEG kommen als Gegenstände sozialgerichtlicher Verfahren in Betracht. Rechtsstreite um die Frage, ob andere Sozialleistungen (§ 3 BEEG) oder vergleichbare Leistungen der Länder (§ 10 BEEG) auf das Elterngeld angerechnet werden, gehen vor die Sozialgerichte. In Bezug auf die Auskunftspflicht kann auch der Arbeitgeber eines Berechtigten Beteiligter an einem Verfahren vor den Sozialgerichten werden (§ 9 BEEG). Schließlich sind Rechtsstreite zwischen dem Bund und den Ländern über die Kostentragung nach dem BEEG vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zu entscheiden.[1]

 

Rz. 5

Die Streitigkeiten über die Höhe des auf andere Sozialleistungen anrechnungsfreien Betrags (§ 10 BEEG) wirken sich auf die Bestimmung der anderen Sozialleistungen aus. Sie sind deshalb vor den Gerichten auszufechten, die für Rechtsstreite über diese anderen Sozialleistungen zuständig sind.[2] Soweit es z. B. um die Anrechnung auf BAföG geht, entschieden die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit darüber, wie hoch das BAföG ist und wie viel Elterngeld hierauf angerechnet werden darf. Entsprechendes gilt für den bei Unterhaltspflichten nach § 11 BEEG nicht zu berücksichtigenden Betrag. Ob und in welcher Höhe das Elterngeld beim Unterhalt anrechnungsfrei ist, entscheiden Familiengerichte (ordentliche Gerichtsbarkeit) im Rahmen der ihnen zugewiesenen Unterhaltsstreitigkeiten.

 

Rz. 6

Das Merkmal "öffentlich-rechtliche Streitigkeiten" grenzt die zugewiesenen Rechtsstreite auf die Verfahren ein, die über die Auslegung und Anwendung von Normen des öffentlichen Rechts geführt werden. Das Merkmal soll vor allem zivilrechtliche von öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten abgrenzen.[3] Entscheidend ist, ob im Vordergrund der Beurteilung von Rechtsbeziehungen die Anwendung öffentlich-rechtlicher Normen des Sozialrechts stehen oder ob vorrangig Vorschriften des bürgerlichen Rechts heranzuziehen sind, und welche Rechtsvorschriften den Sachverhalt entscheidend geprägt haben.[4] Streitigkeiten der Berechtigten mit den zuständigen Behörden über die Leistungen nach §§ 1-12 BEEG sind öffentlich-rechtliche Streitigkeiten.

 

Rz. 7

 
Praxis-Beispiel

Öffentlich-rechtliche Streitigkeit

Arbeitgeber und zuständige Behörde streiten über die Auskunftspflicht des Arbeitgebers gegenüber der zuständigen Behörde.

Lösung

Der Rechtsstreit beurteilt sich nach § 8 BEEG. Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Ermächtigungsnorm des Sozialrechts, der Rechtsweg führt zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit.

 

Rz. 8

 
Praxis-Beispiel

Zivilrechtliche Streitigkeit

Ein Arbeitnehmer und sein Arbeitg...

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