Bestand in einem Betrieb bereits ein Betriebsrat, so hat dieser den Wahlvorstand für die Neuwahlen zu bestellen. Da in § 17a Nr. 1 und 2 BetrVG bereits die Fristen zur Bestellung des Wahlvorstands für die vereinfachte Wahl modifiziert werden, muss sich schon der bestehende (Alt-)Betriebsrat frühzeitig Gedanken darüber machen, ob der Betrieb im vereinfachten Wahlverfahren wählen wird oder nicht. Bestehen Zweifel, weil die Zahl der in der Regel wahlberechtigten Arbeitnehmer um den Schwellenwert von fünfzig liegt, sollte tunlichst die 10-Wochen-Frist des § 16 Abs. 1 Satz 1 BetrVG eingehalten werden, auch wenn sich die Frist bei Anwendung des vereinfachten Wahlverfahrens auf vier Wochen verkürzen würde (§ 17a Nr. 1 BetrVG).

Der eingesetzte Wahlvorstand leitet die Wahl unverzüglich ein, indem er zunächst die Wählerliste aufstellt. Als nächster Schritt folgt der Erlass des Wahlausschreibens (dazu weiter unten). Zu diesem Zeitpunkt muss – wegen der unterschiedlichen Ausgestaltung des Wahlausschreibens je nach Wahlverfahren – festgesetzt werden, ob regulär oder nach vereinfachtem Wahlverfahren gewählt wird. Diese Entscheidung fällt also der Wahlvorstand auf der Grundlage der zu diesem Zeitpunkt gesicherten Erkenntnisse über die Zahl der in der Regel Wahlberechtigten. Entscheidender Zeitpunkt ist der Erlass des Wahlausschreibens. Auch wenn sich später herausstellt, dass sich die Zahl ändert, hat dies keinen Einfluss mehr auf das eingeschlagene Wahlverfahren.

 
Praxis-Beispiel
  1. Zum Zeitpunkt der Ausfertigung des Wahlausschreibens nach Aufstellung der Wählerliste sind im Betrieb in der Regel 98 Arbeitnehmer beschäftigt. Noch vor dem Wahltag werden im Betrieb drei neue dauerhafte Stellen geschaffen und mit neuen Arbeitnehmern besetzt. Der Arbeitgeber hat das schon vor Erlass des Wahlausschreibens geplant. Damit steigt die Zahl der regelmäßig Beschäftigten auf 101, die Betriebsratswahl ist in diesem Fall im regulären Wahlverfahren durchzuführen.
  2. Zum Zeitpunkt der Ausfertigung des Wahlausschreibens nach Aufstellung der Wählerliste sind im Betrieb in der Regel 102 Arbeitnehmer beschäftigt. Der Betriebsrat hat Kenntnis davon, dass innerhalb der nächsten Tage – jedenfalls vor dem Wahltag – 5 Mitarbeiter ausscheiden wollen, es ist nicht absehbar, dass der Arbeitgeber diese Stellen nicht wiederbesetzen will. Der Wahlvorstand muss auch künftig von 102 Arbeitnehmern ausgehen und hat – soweit keine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber bezüglich eines vereinfachten Wahlverfahrens gem. § 14a Abs. 5 BetrVG getroffen wird – das reguläre Wahlverfahren einzuleiten.

Erst wenn der Betriebsrat bis zu einer bestimmten Frist untätig bleibt, können das Arbeitsgericht auf Antrag von mindestens 3 wahlberechtigten Arbeitnehmern oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft (§ 16 Abs. 2 BetrVG) oder aber Gesamt- oder Konzernbetriebsrat (§ 16 Abs. 3 BetrVG) den Wahlvorstand bestellen. Auch hier gelten unterschiedliche Fristen für das reguläre (8 Wochen, § 16 Abs. 2 und 3 BetrVG) und das vereinfachte Verfahren (§ 17a Nr. 1 BetrVG). Frühzeitiges Handeln ist mit erheblichen Risiken verbunden, wenn sich die Zahl der Wahlberechtigten im Grenzbereich bewegt. Wird bereits nach Ablauf der 8-Wochen-Frist eine Ersatzbestellung vorgenommen, obwohl für den Betrieb das vereinfachte Wahlverfahren einschlägig ist, ist die vom falsch bestellten Wahlvorstand eingeleitete Wahl unter den Voraussetzungen des § 19 BetrVG anfechtbar, in Grenzfällen sogar nichtig.

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