2.1 Begriff der Personalakte

 

Rz. 3

Es gilt ein umfassender, materieller Begriff der Personalakte. Jede Sammlung von Unterlagen über einen konkreten Arbeitnehmer fällt hierunter, unabhängig von der Bezeichnung und der Form. Auch elektronische Datenbanken werden daher erfasst. Gleiches gilt für Nebenakten, z. B. vom Werksschutz angelegte Informationssammlungen über einen bestimmten Arbeitnehmer. Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch darauf, dass in die Hauptakte ein entsprechender Hinweis aufgenommen wird. Die Führung von Geheimunterlagen ist nicht zulässig. Auch Unterlagen, die außerhalb des Betriebs über einen Arbeitnehmer geführt werden, sind Bestandteile der Personalakte und unterliegen dem Einsichtsrecht. Dies gilt insbesondere für solche Unterlagen, die überbetrieblich auf der Ebene des Unternehmens oder Konzerns geführt werden. Auch Unterlagen, die bei einem Außenstehenden, z. B. einem Rechenzentrum geführt werden, gehören materiell zur Personalakte. Nicht dazu gehören hingegen statistische Zusammenstellungen von Personaldaten einer Mehrzahl von Arbeitnehmern (z. B. Lohn- und Gehaltslisten).

2.2 Inhalt der Personalakte

 

Rz. 4

Typischerweise gehören folgende Dokumente in eine Personalakte:

  • Bewerbungsunterlagen
  • Angaben zur Person des Arbeitnehmers
  • Arbeitsvertrag
  • Zeugnisse
  • Personalfragebögen gem. § 94 BetrVG
  • Schriftverkehr mit dem Arbeitnehmer
  • Abmahnungen
  • Angaben zur beruflichen Entwicklung, zu Leistungen und Fähigkeiten, Arbeitgeberdarlehen, Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse, Arbeitsunfällen etc.
 

Rz. 5

Nicht in die Personalakte gehört der Befundbogen des Betriebsarztes. Wegen der Schweigepflicht hat auch der Arbeitgeber kein Einsichtsrecht und der Arbeitnehmer hat nur einen Anspruch auf Mitteilung des Untersuchungsergebnisses. Auch Prozessakten über ein gegen den Arbeitnehmer geführtes Verfahren sind nicht Bestandteil der Personalakte (BAG, Urteil v. 8.4.1992, 5 AZR 101/91).

 

Rz. 6

Davon zu trennen ist die Frage, welche Unterlagen der Arbeitgeber überhaupt in die Personalakte aufnehmen darf. Es dürfen nur solche Unterlagen darin enthalten sein, die der Arbeitgeber rechtmäßig erlangt hat. Ein ohne Einverständnis des Arbeitnehmers angefertigtes graphologisches Gutachten gehört nicht dazu. Der Arbeitgeber muss auch ein sachliches Interesse an der Aufnahme und dem Verbleib der Dokumente haben, die daher eine unmittelbare Beziehung zum Arbeitsverhältnis haben müssen. Das berechtigte Interesse des Arbeitgebers kann durch Zeitablauf entfallen.[1] Der Arbeitgeber darf die Personalakten auch über das Ende des Arbeitsverhältnisses aufbewahren (z. B. um bei späteren Einstellungen feststellen zu können, ob der Arbeitnehmer bereits früher einmal beschäftigt war, § 14 Abs. 2 Satz. 2 TzBfG). Er ist hierzu jedoch nicht verpflichtet.

[1] Zum Sonderproblem der Abmahnung s. Rz. 12.

2.3 Allgemeine Pflichten des Arbeitgebers

 

Rz. 7

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Personalakte sorgfältig zu verwahren, vertraulich zu behandeln und den Kreis der damit befassten Personen möglichst eng zu halten. Neben den Mitarbeitern der Personalabteilung sind auch die der Innenrevision zur Einsichtnahme befugt, ohne dass der Arbeitnehmer zustimmen müsste (BAG, Urteil v. 4.4.1990, 5 AZR 299/89[1]). Einer solchen Zustimmung bedarf es jedoch, wenn die Akte betriebsfremden Personen bekannt gemacht werden soll (BAG, Urteil v. 18.12.1984, 3 AZR 389/83[2]), insbesondere, wenn sich der Arbeitnehmer bei einem anderen Unternehmen beworben hat. Dies gilt auch, wenn die Akte von der Muttergesellschaft oder einem außenstehenden Rechenzentrum geführt werden soll.

Ein permanenter Zugriff des Betriebsratsvorsitzenden auf elektronisch geführte Personalakten verstößt gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer und kann nicht wirksam in einer Betriebsvereinbarung geregelt werden (LAG Düsseldorf, Beschluss v. 23.6.2020, 3 TaBV 65/19[3]).

[1] NZA 1999, 933.
[2] NZA 1985, 811.
[3] Siehe weiterhin Niedostadek, Rechtsfragen der digitalen Personalakte, AuA 2021, 14.

2.4 Das Einsichtsrecht des Arbeitnehmers

 

Rz. 8

§ 83 BetrVG stellt eine eigenständige Anspruchsgrundlage des Einsichtsrechts dar.[1] Das Einsichtsrecht steht dem Arbeitnehmer höchstpersönlich zu. Er kann jedoch auch eine Person hierzu bevollmächtigten, wobei der Arbeitgeber auf einer schriftlichen Vollmacht bestehen kann, die zur Personalakte genommen werden darf. Bei dem Bevollmächtigten kann es sich auch um ein Betriebsratsmitglied handeln, nicht jedoch um den Betriebsrat als Kollegialorgan. Dieser hat auch aus eigenem Recht keinen Anspruch auf Vorlage der Personalakte (BAG, Beschluss v. 20.12.1988, 1 ABR 63/87[2]); im Einzelfall muss der Arbeitgeber jedoch konkrete Informationen auch aus der Personalakte erteilen, wenn diese Informationen für die Aufgabenerfüllung des Betriebsrats erforderlich sind. Ein vom Arbeitnehmer beauftragter Dritter, wie beispielsweise ein anwaltlicher Vertreter, hat kein Recht auf Einsicht in die Personalakte des Arbeitnehmers (BAG, Urteil v. 12.7.2016, 9 AZR 791/14). Ein Einsichtsrecht steht auch dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer zu, sofern die Personalakte noch vorhanden ist. Gleiches gilt für einen abge...

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