Rz. 6

Das Recht, an allen Sitzungen des Betriebsrats und dessen Ausschüssen teilzunehmen, umfasst auch das Recht zur Teilnahme an Sitzungen der Ausschüsse wie dem Betriebsausschuss, aber auch gemeinsamer Ausschüsse des Betriebsrats und des Arbeitgebers (BAG, Beschluss v. 21.4.1993, 7 ABR 44/92[1]), an den Sitzungen des Wirtschaftsausschusses (BAG, Beschluss v. 4.6.1987, 6 ABR 70/85[2]) sowie an sogenannten "Monatsgesprächen" nach § 74 Abs. 1 S. 1 BetrVG. Nach § 29 Abs. 2 S. 4 BetrVG hat der Betriebsratsvorsitzende die Schwerbehindertenvertretung – im Verhinderungsfall, aber auch nur dann, den Stellvertreter – rechtzeitig unter Mitteilung der Tagesordnung zu laden. Unterbleibt die Ladung, so werden dadurch die Beschlüsse des Betriebsrats nicht unwirksam, da die Schwerbehindertenvertretung nur ein Recht zur Beratung hat. Verstößt der Vorsitzende aber beharrlich gegen diese Pflicht, ist das eine grobe Pflichtverletzung, die einen Ausschlussantrag nach § 23 Abs. 1 S. 1 BetrVG rechtfertigt. Gleiches gilt für die Ladung zu Ausschusssitzungen durch die Vorsitzenden der Ausschüsse.

Die Schwerbehindertenvertretung hat hingegen keine Teilnahmepflicht, sondern es steht in ihrem pflichtgemäßen Ermessen, an welchen Sitzungen sie teilnimmt.

 

Rz. 7

Die Schwerbehindertenvertretung hat in den Betriebsratssitzungen kein Stimm-, sondern nur ein Beratungsrecht. Die Beratung ist nicht auf Fragen der Schwerbehinderten beschränkt.

Sie kann nach § 178 Abs. 4 S. 1 SGB IX beantragen, Angelegenheiten, die einzelne Schwerbehinderte oder die Schwerbehinderten als Gruppe besonders betreffen, auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung zu setzen. Die Einberufung einer Sitzung kann sie wiederum nicht erzwingen; dies steht im pflichtgemäßen Ermessen des Betriebsratsvorsitzenden.

 

Rz. 8

Erachtet die Schwerbehindertenvertretung einen Beschluss des Betriebsrats als eine erhebliche Beeinträchtigung wichtiger Interessen der Schwerbehinderten, so kann sie nach § 178 Abs. 4 S. 2 SGB IX beantragen, den Beschluss auszusetzen (ebenso § 35 Abs. 3 BetrVG). Der Betriebsrat muss diesem Antrag entsprechen. Der Aussetzungsantrag ist an keine Form gebunden. Er muss jedoch vor Ablauf einer Woche vom Zeitpunkt der Beschlussfassung an gestellt sein. Nach Ablauf der Woche ist das Aussetzungsrecht wegen Fristablaufs gegenstandslos. Die Schwerbehindertenvertretung muss die Wirkung der Aussetzung bedenken. § 178 Abs. 4 S. 3 SGB IX regelt ausdrücklich, dass die Aussetzung keine Fristverlängerung zur Folge hat.

 
Praxis-Beispiel

Ist der Betriebsrat, z. B. bei der Anhörung zu einer beabsichtigten Kündigung, innerhalb einer Woche zur Stellungnahme verpflichtet, kann wegen der fehlenden wirksamen Stellungnahme die Zustimmung des Betriebsrats nach Fristablauf fingiert werden. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, die Frist für eine erneute Beschlussfassung zu verlängern.

[1] BB 1994, 716.
[2] NZA 1987, 861.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge