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Wurde für die Betriebsratswahl lediglich eine Vorschlagliste eingereicht oder haben Arbeitgeber und Wahlvorstand in einem Betrieb mit bis zu 100 wahlberechtigten Arbeitnehmer die Anwendung des einfachen Wahlverfahrens vereinbart (§ 14a Abs. 5 BetrVG), so findet die Wahl nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl statt. Es gilt folgende Regelung (§ 20 WO BetrVG, § 34 WO BetrVG, § 36 Abs. 4 WO BetrVG):

  1. Alle Kandidaten werden auf dem Stimmzettel zur Wahl gestellt. In den Fällen, in denen das vereinfachte Wahlverfahren nach § 14a BetrVG gilt, werden die Kandidaten auf der Liste in alphabetischer Reihenfolge zur Wahl gestellt, findet Mehrheitswahl wegen der Abgabe von nur einem Wahlvorschlag statt, so werden die Kandidaten in der von der Liste vorgegebenen Reihenfolge angeführt.
  2. Besteht der Betriebsrat nur aus einer Person, so ist die Person mit den meisten Stimmen gewählt (§ 34 Abs. 4 WO BetrVG, § 36 Abs. 4 WO BetrVG). Sind mindestens drei Mitglieder zu wählen, so werden die Sitze zunächst auf die Angehörigen des Minderheitsgeschlechts mit den meisten Stimmen verteilt, soweit nach § 15 Abs. 2 BetrVG, § 5 WO BetrVG Mindestsitze zu verteilen sind. Der Rest der Betriebsratssitze wird auf die Kandidaten mit den meisten Stimmen ohne Rücksicht auf das Geschlecht verteilt; das Minderheitsgeschlecht kann also die Stimmenmehrheit im Betriebsrat erlangen (§ 22 WO BetrVG, § 34 Abs. 5 WO BetrVG, § 36 Abs. 4 WO BetrVG).
  3. Ersatzmitglieder sind alle weiteren Kandidaten in der Reihenfolge ihrer Stimmzahlen (§ 25 Abs. 2 Satz 3 BetrVG). Verliert das Minderheitsgeschlecht durch Ausscheiden oder Verhinderung eines Betriebsratsmitglieds seine nach § 15 Abs. 2 BetrVG, § 5 WO BetrVG erforderliche Mindestzahl, so ist das Ersatzmitglied allerdings zunächst nur aus den Ersatzmitgliedern desselben Geschlechts zu bestimmen (§ 25 Abs. 2 Satz 3 BetrVG, § 15 Abs. 2 BetrVG, vgl. auch § 23 Abs. 2 WO BetrVG, § 34 Abs. 5 WO BetrVG, § 36 Abs. 4 WO BetrVG). Kandidaten, die überhaupt keine Stimme erlangt haben, können weder unmittelbares Mitglied des Betriebsrates noch Ersatzmitglied sein.

Beispiel für Mehrheitswahl

In einem Betrieb mit 65 wahlberechtigten Arbeitnehmern findet Mehrheitswahl statt, weil entweder nur eine Wählerliste eingereicht oder zwischen Wahlvorstand und Arbeitgeber das vereinfachte Wahlverfahren nach § 14a BetrVG vereinbart wurde. Es sind fünf Betriebsratsmitglieder zu wählen (§ 9 BetrVG). 10 Arbeitnehmer gehören dem Mindestgeschlecht an, 55 dem Mehrheitsgeschlecht; das Minderheitsgeschlecht erhält damit keine Mindestsitze nach § 5 WO BetrVG. Neun Kandidaten haben sich zur Wahl gestellt. Sie erzielen folgende Ergebnisse:

A vier Stimmen, B 18 Stimmen, C sechs Stimmen, D 0 Stimmen, E eine Stimme, F elf Stimmen, G neun Stimmen, H vier Stimmen, K zwei Stimmen.

Gewählt sind: B, F, G und C. Der fünfte Betriebsratssitz muss zwischen den Kandidaten A und H (beide jeweils vier Stimmen) durch Los verteilt werden. Trifft das Los H, so sind die Kandidaten A, K und E Ersatzmitglieder.

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