Rz. 64

§ 2 KSchG regelt die Möglichkeit des Arbeitnehmers, das mit einer Kündigung verbundene Änderungsangebot unter dem Vorbehalt anzunehmen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 2 Satz 1 KSchG). Daneben hat der Arbeitnehmer noch 2 weitere Möglichkeiten, auf eine von dem Arbeitgeber ausgesprochene Änderungskündigung zu reagieren. Er kann die angebotene Änderung der Arbeitsbedingungen vorbehaltlos annehmen mit der Folge, dass der Arbeitsvertrag mit Ablauf der Kündigungsfrist entsprechend geändert ist. Der Arbeitnehmer kann aber auch die Änderung der Arbeitsbedingungen endgültig ablehnen mit der Folge, dass die Änderungskündigung als Beendigungskündigung zum vorgesehenen Zeitpunkt wirkt. Im Falle der Ablehnung des Änderungsangebots kann er die soziale Rechtfertigung der nun als Beendigungskündigung wirkenden Kündigung zwar nach §§ 1, 4 Satz 1 KSchG gerichtlich überprüfen lassen, jedoch verbunden mit dem Risiko einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn sich die Kündigung als wirksam erweist.

 

Rz. 65

Den Vorbehalt nach § 2 Satz 1 KSchG muss der Arbeitnehmer innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung, erklären (§ 2 Satz 2 KSchG). Hat er die Vorbehaltsannahme rechtzeitig erklärt, kann er nach § 4 Satz 2 KSchG Klage auf Feststellung erheben, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Auch für diese Klage gilt die Klagefrist nach § 4 Satz 1 KSchG. Zur Vermeidung der Rechtsfolgen des § 7 KSchG genügt es auch, wenn der Arbeitnehmer innerhalb der Klagefrist Kündigungsschutzklage mit einem Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG erhebt und diesen später, ggf. auch erst im Berufungsverfahren[1], entsprechend § 4 Satz 2 KSchG fasst[2]. Sollte sich die Änderungskündigung als rechtswirksam erweisen, besteht das Arbeitsverhältnis zu den Bedingungen entsprechend dem – unter Vorbehalt angenommenem – Änderungsangebot fort, für den Fall der Unwirksamkeit der Änderungskündigung zu den bisherigen Bedingungen. Bis zur rechtskräftigen gerichtlichen Klärung ist der Arbeitnehmer jedoch auch nach Ablauf der Kündigungsfrist verpflichtet, unter den veränderten Bedingungen weiterzuarbeiten (s. näher unten Rz. 74).

 
Hinweis

Macht der Arbeitnehmer von der Möglichkeit der Vorbehaltsannahme nach § 2 KSchG Gebrauch, kann er die Rechtswirksamkeit der Änderung der Arbeitsbedingungen gerichtlich überprüfen lassen ohne das Risiko einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

5.1 Voraussetzungen

5.1.1 Vorbehaltserklärung (Satz 1)

 

Rz. 66

Die Annahme unter Vorbehalt ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Sie ist nur dann beachtlich, wenn sie entsprechend den allgemeinen Grundsätzen für empfangsbedürftige Willenserklärungen hinreichend klar gegenüber dem Arbeitgeber erklärt wird. Die Vorbehaltsannahme kann auch durch einen Vertreter ausgesprochen werden (vgl. §§ 164 ff. BGB). Sie ist nicht formbedürftig, also mündlich oder schriftlich möglich. Grundsätzlich kommt auch eine Erklärung durch schlüssiges Verhalten in Betracht.

 

Rz. 67

Eine Weiterarbeit zu den neuen Bedingungen nach Ablauf der Kündigungsfrist ist regelmäßig als schlüssige Erklärung einer vorbehaltlosen Annahme des Änderungsangebots zu deuten, da dadurch kein Vorbehalt zum Ausdruck gebracht wird.[1]

 
Hinweis

Beabsichtigt der Arbeitnehmer, das Änderungsangebot lediglich vorbehaltlich seiner sozialen Rechtfertigung anzunehmen, um es nach §§ 2, 4 Satz 2 KSchG gerichtlich überprüfen zu lassen, sollte er dies eindeutig gegenüber dem Arbeitgeber zum Ausdruck bringen, um nicht Gefahr zu laufen, dass seine Weiterarbeit zu den neuen Bedingungen als vorbehaltlose Annahme angesehen wird.

 

Rz. 68

Die Vorbehaltsannahme kann grundsätzlich auch mit oder in der Änderungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG erklärt werden. Für die Fristwahrung ist allerdings erst der Zugang beim Arbeitgeber maßgeblich.[2] § 167 ZPO, wonach für die Klageerhebung der rechtzeitige Eingang bei Gericht genügt, findet nur für die Erhebung der Klage selbst, nicht jedoch für die Erklärung der Vorbehaltsannahme Anwendung.

Nach der Rechtsprechung des BAG ist daher die Erklärung des Vorbehalts mit der Klageschrift nicht rechtzeitig, wenn diese erst nach Ablauf von 3 Wochen dem Arbeitgeber zugestellt wird.[3]

[1] Vgl. BAG, Urteil v. 19.6.1986, 2 AZR 565/85, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 16, zu B IV 2 der Gründe.
[2] BAG, Urteil v. 17.6.1998, 2 AZR 336/97, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 49.
[3] BAG, Urteil v. 17.6.1998, 2 AZR 336/97, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 49; a. A.: KR/Kreft, § 2 KSchG Rz. 129, 130: Ist die Kündigungsfrist länger als die 3-Wochen-Frist des § 4 KSchG, kann die Erklärung des Vorbehalts in der rechtzeitig beim Gericht eingereichten und "demnächst" zugestellten Klage ausreichen.

5.1.2 Frist für die Abgabe der Vorbehaltserklärung (Satz 2)

 

Rz. 69

Der Arbeitnehmer muss die Vorbehaltsannahme gegenüber dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von 3 Wochen nac...

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