Rz. 777

Will der Arbeitnehmer seinen Wiedereinstellungsanspruch gerichtlich durchsetzen, muss er Klage auf Abgabe einer Willenserklärung (§ 894 ZPO) erheben. Der Klageantrag richtet sich auf die Abgabe einer Willenserklärung zur Vertragsannahme, nämlich auf den Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags zu den bisherigen Arbeitsbedingungen unter Anrechnung der bisherigen Betriebszugehörigkeit (BAG, Urteil v. 4.12.1997, 2 AZR 140/97[1]).

 
Hinweis

Der Klageantrag kann z. B. lauten, den Arbeitgeber zu verurteilen, den Arbeitnehmer zu den Bedingungen des Arbeitsvertrags vom … (als Systemtechniker im Betrieb Dresden zu einem monatlichen Bruttoentgelt i. H. v. 3.000 EUR) ab dem … einzustellen.

 

Rz. 778

Mit Inkrafttreten des § 311a Abs. 1 BGB kann der Wiedereinstellungsanspruch im Unterschied zur früheren Rechtslage seit dem 1.1.2002 auch rückwirkend geltend gemacht werden. Der Wirksamkeit eines Vertrags steht nun nicht mehr entgegen, dass der Schuldner nach § 275 BGB nicht zu leisten braucht, auch wenn das Leistungshindernis schon bei Vertragsschluss vorliegt. Der rückwirkende Abschluss eines Vertrags ist daher trotz der Unmöglichkeit der rückwirkenden Beschäftigung und Leistung nicht mehr nichtig und eine dahingehende Verurteilung möglich (BAG, Urteil v. 27.4.2004, 9 AZR 522/03[2]). Für den in der Vergangenheit liegenden Zeitraum hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe des entgangenen Lohns aufgrund der während des Schuldnerverzugs eingetretenen Unmöglichkeit (BAG, Urteil v. 21.2.2002, 2 AZR 749/00[3]). Ein Anspruch auf Annahmeverzugslohn kommt nur dann in Betracht, wenn die Voraussetzungen des § 615 BGB vorliegen; häufig wird es insofern an einem Leistungsangebot durch den Arbeitnehmer fehlen.

 

Rz. 779

Der Erfolg einer Klage ist nicht davon abhängig, ob der Arbeitnehmer zuvor eine Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung erhoben hat.[4] Denn ein Wiedereinstellungsanspruch setzt gerade die Wirksamkeit der Kündigung auf der Grundlage der Prognose im Zeitpunkt der Kündigungserklärung voraus. Mangels gesetzlicher Regelung ist die Geltendmachung der Wiedereinstellung auch nicht fristgebunden. Aus Gründen des Vertrauensschutzes zugunsten des Arbeitgebers ist es aber geboten, den Anspruch zeitnah geltend zu machen. Teilweise wird angenommen, die Geltendmachung sei nur innerhalb der noch laufenden Kündigungsfrist möglich.[5] Die Tatbestandsvoraussetzung des Wegfalls des Kündigungsgrunds innerhalb der Kündigungsfrist ist jedoch nicht gleichzusetzen mit der Anspruchsgeltendmachung. Dem Arbeitgeberschutz wird hinreichend Rechnung getragen, wenn der Arbeitnehmer nach Kenntniserlangung seine Wiedereinstellung unverzüglich, in Anlehnung an § 4 KSchG aber zumindest innerhalb eines Zeitraums von 3 Wochen geltend macht.[6]

[1] AP KSchG 1969 § 1 Wiedereinstellung Nr. 4, NZA 1998 S. 701.
[2] AP TzBfG § 8 Nr. 12, NZA 2004 S. 1225.
[3] NZA 2002 S. 1416.
[4] A. A. unter Hinweis auf §§ 4, 7 KSchG; KPK/Schiefer/Meisel, 3. Aufl. 2004, § 1 KSchG, Rz. 1355.
[5] Beckschulze, DB 1998, S. 417, 418.
[6] Dornbusch/Wolff/Volk, KSchG, 2. Aufl. 2007, § 1 KSchG, Rz. 448.

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