Rz. 305

Von einem Doppeltatbestand spricht man, wenn der Arbeitgeber 2 (oder mehr) Sachverhalte schildert, die verschiedene Kündigungsgründe ausfüllen.

 

Beispiel

Der Arbeitgeber kündigt, weil der Arbeitnehmer häufig zu spät zur Arbeit gekommen ist (verhaltensbedingte Kündigung) und weil er hohe krankheitsbedingte Fehlzeiten hat (personenbedingte Kündigung).

 

Rz. 306

Hier ist für jeden Sachverhalt zu prüfen, ob er geeignet ist, die Kündigung zu rechtfertigen. Einige Stimmen in der Literatur halten die Kündigung nur dann für gerechtfertigt, wenn zumindest ein Ereignis für sich allein die Kündigung rechtfertigt.[1] Nach Ansicht des BAG "ist im Wege einer einheitlichen Betrachtungsweise zu prüfen, ob die einzelnen Kündigungsgründe in ihrer Gesamtheit Umstände darstellen, die bei verständiger Würdigung in Abwägung der Interessen der Vertragsparteien und des Betriebs die Kündigung als billigenswert und angemessen erscheinen lassen" (BAG, Urteil v. 22.7.1982, 2 AZR 30/81[2]). Dem stimmen einige Autoren zu, sofern nur solche Ereignisse addiert werden, die in der Sphäre des Arbeitnehmers liegen. Demnach können verhaltens- und personenbedingte Kündigungsgründe in der Gesamtschau addiert werden, nicht jedoch betriebsbedingte Kündigungsgründe. Zu achten sei ferner darauf, dass die einzelnen Kündigungsgründe nicht an qualitativen Mängeln leiden dürfen (z. B. fehlende Abmahnung), sondern lediglich – für sich betrachtet – keine hinreichende Störung des Arbeitsverhältnisses bewirken.[3]

 

Rz. 307

Von einem Mischtatbestand spricht man, wenn die Kündigung auf einen einzigen Sachverhalt gestützt wird, der zugleich mehrere Kündigungsgründe berührt. Hier ist zu prüfen, aus welchem der 3 Bereiche (Verhalten, Person, Betrieb) die Störung des Arbeitsverhältnisses vorwiegend kommt.[4] Danach entscheidet sich, ob eine Abmahnung erforderlich war.

[1] HaKo-KSchG/Pfeiffer, 7. Aufl. 2021, § 1 KSchG, Rz. 182.
[2] AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 5.
[3] Linck/Krause/Bayreuther/Krause, KSchG, 16. Aufl. 2019, § 1 KSchG, Rz. 257-258.
[4] HaKo-KSchG/Pfeiffer, 7. Aufl. 2021, § 1 KSchG, Rz. 183.

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