Verfahrensgang

LG Erfurt (Aktenzeichen 8 O 569/18)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 21.09.2018, Az. 8 O 569/18, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 01.11.2018 wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil, sowie das angefochtene erstinstanzliche Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch den Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger, der zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der P___ AG bestellt worden ist, nimmt den Beklagten, der Inhaber von Genussrechten an der Insolvenzschuldnerin ist, auf Rückzahlung von erhaltenen Ausschüttungen im Wege der Insolvenzanfechtung, sowie aus Bereicherungsrecht in Anspruch.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf die tatbestandlichen Feststellungen in dem angefochtenen erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, ein insolvenzrechtlicher Anspruch aus §§ 143 Abs. 1, 129 Abs. 1, 134 InsO scheide aus, da die von dem Beklagten aufgrund der Genussrechtsbedingungen erhaltenen Ausschüttungen keine unentgeltlichen Leistungen i.S.v. § 134 InsO seien. Eine unentgeltliche Leistung liege vor, wenn der Zuwendung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäftes bzw. der Leistung keine Gegenleistung gegenüberstehe. Dabei könne auch eine rechtsgrundlose Leistung eine unentgeltliche Leistung im Sinne des § 134 InsO darstellen. Grundsätzlich sei der Anspruch auf Gewinnausschüttung aufgrund von Jahresabschlüssen allerdings nicht als Entgelt für die Zurverfügungstellung des Genussrechtskapitals anzusehen. Vielmehr hänge die Auszahlung von Beträgen davon ab, ob tatsächlich Gewinne erzielt werden. Andererseits sei die Einlage aber Gegenleistung für die von dem Anleger erworbene Beteiligung. Erfolge die Ausschüttung unberechtigt, trete an die Stelle des weggegebenen Vermögensgegenstandes ein Bereicherungsanspruch. Nur dann, wenn der Empfänger einer unberechtigten Leistung nicht mit einer Verpflichtung belastet werde, wie insbesondere dann, wenn in Kenntnis des fehlenden Rechtsgrundes gehandelt wurde, sei eine Rückforderung nach § 814 BGB ausgeschlossen und die Leistung, die dann endgültig beim Leistungsempfänger verbleibe, unentgeltlich erfolgt. Dabei treffe die Beweislast für die Unentgeltlichkeit der Zahlungen den Kläger.

Hier habe der Beklagte aufgrund testierter und genehmigter Bilanzen entsprechend den vereinbarten Bedingungen jährlich eine Ausschüttung erhalten. Entgegen der von dem Kläger vertretenen Auffassung ergebe sich eine Unentgeltlichkeit damit nicht schon daraus, dass die Schuldnerin tatsächlich keine Gewinne, wie in den zugrunde liegenden Jahresabschlüssen ausgewiesen, erwirtschaftet habe. Denn Grundlage für die Berechnung und den Auszahlungsanspruch sei nach § 3 Abs. 4 S. 2 der Genussrechtsbedingungen der jeweilige Jahresabschluss gewesen. Mit der Feststellung des Jahresabschlusses durch den Vorstand und Aufsichtsrat sei nach § 172 AktG der Bilanzgewinn für die Hauptversammlung gemäß § 174 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG verbindlich festgestellt worden, was einen mitgliedschaftlichen Gewinnanspruch der Aktionäre begründe. Gemäß § 256 AktG seien zur Gewährleistung der Richtigkeit des Jahresabschlusses Ausnahmen nur bei schweren Mängeln zuzulassen. Offenbleiben könne damit, ob die Jahresabschlüsse fehlerhaft gewesen seien und von dem Kläger neu hätten aufgestellt werden können. Anhaltspunkte dafür, dass die Jahresabschlüsse nicht ordnungsgemäß zustande gekommen sind oder nichtig gewesen seien, lägen nämlich ebenfalls nicht vor. So hätten auch die von dem Kläger angestrengten Nichtigkeitsklagen erstinstanzlich keinen Erfolg gehabt. Für den Jahresabschluss 2013 sei eine Nichtigkeitsklage schon gar nicht erhoben worden. Der Kläger könne sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass es sich bei den Ausschüttungen nur um Scheingewinne gehandelt habe. Zwar sei nach der Rechtsprechung des BGH bei einer Auszahlung von in einem sog. "Schneeballsystem" angeblich erzielten Scheingewinnen regelmäßig von einer Unentgeltlichkeit i.S § 134 InsO auszugehen. Ob hier jedoch ein solches Schneeballsystem und eine Kenntnis der Schuldnerin von der Unentgeltlichkeit vorliege, habe der Kläger aber nicht ausreichend dargelegt und nachgewiesen.

Zwar ergebe sich aus dem von dem Kläger in Bezug genommenen D_-Gutachten, dass die Gesellschaften der I_-G_ die versprochenen Renditen an die Genussrechtsinhaber nicht hätten auszahlen können, ohne sich durch neue Genussrechtsinhaber Liquidität zu beschaffen, wie auch, dass Fehlbewertungen bei der Aufstellung der Jahresa...

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