Leitsatz (amtlich)

Auch bei einer Scheckzahlung ist der den Schuldnerverzug beendende Zeitpunkt erst dann anzunehmen, wenn der Scheckbetrag beim Gläubiger wertgestellt ist und dieser über ihn verfügen kann. Diese Auslegung von §§ 270, 269 BGB ist aufgrund Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2000/35/EG geboten.

 

Verfahrensgang

LG Erfurt (Entscheidung vom 02.11.2010; Aktenzeichen 1 HKO 304/09)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 02.11.2010, Az. 1 HKO 304/09, abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 107.779,24 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits insgesamt hat die Klägerin 1/10, die Beklagte 9/10 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagte wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten Verzugszinsen wegen verspätet gezahlter Pachtzinsen geltend. Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz sowie der dort gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des landegerichtlichen Urteils Bezug genommen. Das Landgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Die Beklagte wiederholt und vertieft ihre erstinstanzlich vertretene Auffassung, für die Beendigung des Verzugs kommt es allein auf die Leistungshandlung an. Dies sei bei der von der Klägerin akzeptierten Scheckzahlung die Absendung des Schecks an die Klägerin gewesen. Auf den Zeitpunkt der Wertstellung des Scheckbetrages bei der Klägerin könne es jedenfalls nicht ankommen. Außerdem seien die Ansprüche verjährt, jedenfalls verwirkt.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung.

II.

Die zulässige Berufung ist in der Sache im Wesentlichen unbegründet. Der Anspruch des Klägerin auf Zahlung der geltend gemachten Verzugszinsen folgt aus §§ 288 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB i.V.m. § 2 Nr. 2.7. des zwischen den Parteien geschlossenen Pachtvertrages. Die Einwendungen der Beklagten gegen den geltend gemachten Anspruch, soweit sie mit der Berufung noch geltend gemacht werden, sind überwiegend ohne Erfolg.

1.

Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, im Vertrag fehle es an einer den Anspruch begründenden Verzugszinsenregelung. § 2 Nr. 2.7. des Pachtvertrages (Anlage K 1) sieht vor, dass der in § 2 Nr. 1 für das Objekt in

E vereinbarte Pachtzins monatlich (1/12) gezahlt werden soll und jeweils am 10. Werktag des Folgemonats zur Zahlung fällig ist. Hierin liegt, zweifelsfrei und ohne dass eine abweichende Auslegung möglich wäre, eine besondere kalendermäßige Bestimmung der Fälligkeit für einen monatlich fällig werdenden Pachtzinsanteil. Mit dieser vertraglichen Vereinbarung wird die Zahlungsweise in Bezug auf den vereinbarten Jahrespachtzins entscheidend modifiziert; keinesfalls lag die Fälligkeit für den Pachtzins daher am Jahresende. Dass wegen des Grundes und der Höhe der Verzugszinsen die allgemeinen gesetzlichen Verzugsregelungen anwendbar sind, bedarf keiner besonderen Vereinbarung. Diese allgemeinen gesetzlichen Regelungen hätten, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, vielmehr ausdrücklich ausgeschlossen oder modifiziert werden müssen um ihre Geltung zu vermeiden. Die Geltung von Gesetzesrecht selbst braucht aber nicht vereinbart werden. Deshalb bedurfte es bei dieser vertraglichen Gestaltung keiner Verzugszinsenvereinbarung; es genügte vielmehr, dass eine kalendermäßige Bestimmung der Fälligkeit vorlag und die Voraussetzungen von § 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB vorliegen. Dass die Beklagte sich an die Fälligkeitsregelung nicht gehalten hat, hat diese vertragliche Regelung nicht außer Kraft gesetzt. Auch der Umstand, dass die Klägerin möglicherweise keine Nebenkostenvorauszahlung geleistet hat, ändert an der Wirksamkeit der vertraglichen, kalendermäßigen Fälligkeitsvereinbarung nichts.

2.

Die Klägerin hat Verzugsbeginn und das Ende des Verzuges und damit die Höhe der Forderung jeweils richtig berechnet.

a)

Das gilt zunächst für den Verzugsbeginn. Nach der vertraglichen Regelung in § 2 Nr. 2.7. des Pachtvertrages war der monatliche Pachtzinsanteil jeweils am 10. Werktag des Folgemonats zur Zahlung fällig. Verzug ist demzufolge mit Ablauf des Tages eingetreten, an dem die Beklagte zu leisten hatte, der Zinslauf beginnt deshalb mit dem Folgetag (Palandt/Grüneberg § 286 BGB Rn. ...

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