Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweilige Anordnung im Sorgerechtsverfahren: Aufklärungs- und Prüfungsmöglichkeiten. Einholung eines Sachverständigengutachtens

 

Leitsatz (amtlich)

I. Eine einstweilige Anordnung kann die Entscheidung präjudizieren; deshalb müssen die zur Verfügung stehenden Aufklärungs- und Prüfungsmöglichkeiten möglichst ausgeschöpft werden.

II. Im einstweiligen Anordnungsverfahren kommt die Einholung eines Sachverständigengutachtens in der Regel nicht in Betracht.

III. Das einstweilige Anordnungsverfahren kann aufgrund der eingeschränkten Prüfungsmöglichkeiten das Hauptsacheverfahren nicht ersetzen.

 

Normenkette

FamFG § 57 S. 2 Nr. 1, § 58 Abs. 1, § 49 Abs. 1, § 51 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Heilbad Heiligenstadt (Beschluss vom 20.01.2010; Aktenzeichen 2 F 550/09)

 

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Verfahrenswert wird 1.500 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1) und 2), die nicht miteinander verheiratet waren, sind die leiblichen Eltern des am 4.8.2008 geborenen Kindes A.. Die Parteien haben am 12.8.2008 eine Urkunde über die gemeinsame elterliche Sorge vor dem Jugendamt H. des Landkreises des E. errichtet (Az.; Beurk. - Reg. - Nr.).

Die Parteien haben bis zu ihrer Trennung am 15.10.2009 in einer gemeinsam bewohnten Wohnung im Hause der Eltern des Kindesvaters in G. gewohnt; die Kindesmutter hat die Trennung vollzogen, indem sie ausgezogen ist.

Die Kindesmutter hat die Tochter aufgrund gemeinsamer Übereinkunft der Parteien in der Obhut des Kindesvaters zurückgelassen. Die Parteien haben am 15.10.2009 eine privatschriftliche Vereinbarung geschlossen, wonach der Hauptwohnsitz für A. bis zum 12. Lebensjahr bei ihrem Vater sein soll.

Die Parteien haben weiter am 05./11.11.2009 eine Aufenthalts- und Umgangsvereinbarung getroffen. Demnach soll A. weiter in ihrer gewohnten Wohnung bei dem Vater wohnen. Am Schluss heißt es: " Sollten die getroffenen Absprachen aus nachvollziehbaren Gründen nicht eingehalten werden können, wird der andere Elternteil rechtzeitig darüber informiert. Diese Regelung ist gültig, bis Frau M. ihre Wohnung in D. eingerichtet hat und ein Kindergartenplatz für A. zur Verfügung steht. Dann kann darüber gesprochen werden, den Aufenthalt von A. bei der Mutter festzulegen".

Der Beteiligte zu 1) begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für die Tochter auf sich.

Er verweist darauf, dass es dem Kindeswohl diene, wenn A. weiterhin in ihrer gewohnten Umgebung verbleibe und ihren Großeltern als Bezugsperson zur Verfügung stehe. Er arbeite 40 Stunden in der Woche im Zweischichtsystem. Seine Dienstzeiten seien so geregelt, dass er sich täglich regelmäßig um das Kind kümmern könne, während die Kindesmutter im Stadthotel in H. beschäftigt sei und dort meist abends arbeiten müsse.

Die Kindesmutter habe nicht adäquat reagiert, als sich das Kind am 2.1.2010 ein Bein gebrochen habe. Sie habe auch in der Vergangenheit nicht immer darauf geachtet, dass dem Kind die Windeln in angemessenen Abständen gewechselt werden.

Die Kindesmutter habe A. am 13.1.2010 eine verordnete Medizin gegen Durchfall nicht gegeben. Sie habe angegeben, einen anderen Arzt aufgesucht zu haben. Auch habe sie die Schwangerschaft so lange verdrängt, bis A. wegen Schwangerschaftsvergiftung vorzeitig per Kaiserschnitt habe geholt werden müssen. Auch nach der Geburt habe die Kindesmutter das gemeinsame Kind nach der Morgenflasche und auch nach dem Mittagsschlaf bei seiner Mutter abgegeben und nur zum Mittagsschlaf geholt.

Die Beteiligte zu 2) ist dem Antrag entgegengetreten. Sie hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen und ihr das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das am 4.8.2008 geborene Kind A. H. zu übertragen.

Sie führt an, dass der Unfall, bei dem das Kind sich das Bein gebrochen habe, sich erst kurz vor der Übergabe ereignet haben müsse. Sie sei an dem fraglichen Tage mit dem Kind die Treppe heruntergefallen. Sie sei davon ausgegangen, dass dem Kind nichts passiert sei. Sie sei im Laufe des Nachmittags mit dem Kind Schlitten gefahren; dabei sei das Kind vom Schlitten gefallen. Sie gehe aber nicht davon aus, dass bei diesem Vorfall schon der Beinbruch erfolgt sei.

Soweit der Antragsteller ihr vorhalte, sie habe einen Hasen unversorgt zurückgelassen, der dann verstorben sei, sehe sie ein, dass es nicht ausreichend gewesen sei, eine Nachbarin mit der Versorgung zu beauftragen.

Sie habe nach der Trennung der Eltern das Kind an zwei Tagen die Woche betreut und versorgt. Sie habe bis jetzt auch 40 Stunden pro Woche gearbeitet. Es sei ihr auf Grund einer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber aber möglich, zukünftig lediglich noch zwanzig Stunden zu arbeiten. Sie sei nunmehr zum 20.1.2010 arbeitslos geworden und daher in der Lage, sich vollständig um die gemeinsame Tochter zu kümmern.

Das Jugendamt hat berichtet, dass es in Anbetracht des geringen Alters des Kindes und aufgrund der bisherigen Erfa...

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