Entscheidungsstichwort (Thema)

Einigungsgebühr im Rahmen eines Ratenzahlungsvergleichs

 

Leitsatz (amtlich)

Ein zur Abwendung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen geschlossener Ratenzahlungsvergleich löst zugunsten des beigeordneten PKH-Anwalts eine Einigungsgebühr - über den Wortlaut der Nr. 1000 Abs. 1 S. 1 RVG-VV (Beseitigung des Streits oder der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis) hinaus - auch dann aus, wenn er die Unsicherheit der Verwirklichung eines Anspruchs (§ 779 Abs. 2 BGB) beseitigt.

 

Normenkette

RVG-VV Nr. 1000 Abs. 1 S. 1; BGB § 779 Abs. 2; RVG § 45 Abs. 1, § 48 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Mühlhausen (Beschluss vom 13.02.2006; Aktenzeichen 1 T 1/06)

 

Tenor

1. Der Beschluss des LG Mühlhausen vom 13.2.2006 (Az. 1 T 1/06) wird aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, dass dem Beschwerdeführer eine Einigungsgebühr (Nr. 1000 Abs. 1 S. 1 RVG-VV) dem Grunde nach zusteht.

3. Die Sache wird an das LG zur Festsetzung der Einigungsgebühr der Höhe nach zurückverwiesen.

 

Gründe

Die gem. § 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 6 S. 1, S. 3 RVG vom LG zugelassene sowie form- und fristgerecht eingelegte weitere Beschwerde hat in der Sache dem Grunde nach Erfolg.

1. Der Beschwerdeführer hat als Verfahrensbevollmächtigter des Gläubigers mit Schriftsatz vom 4.10.2004 Prozesskostenhilfe für gerichtliche Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Schuldner wegen titulierter laufender und rückständiger Unterhaltsansprüche beim AG Sondershausen beantragt. Daraufhin bot der Schuldner über seinen Rechtsanwalt mit Schriftsatz vom 18.10.2004 vollständige Zahlung in monatlichen Raten gegen den Verzicht auf weitere Vollstreckungsmaßnahmen an. Hiermit erklärte der Beschwerdeführer namens des Gläubigers mit Schriftsatz vom 29.10.2004 unter der Voraussetzung der Verzinsung der rückständigen Zahlungsbeträge das Einverständnis. Mit Schriftsatz vom 23.11.2004 bestätigte der Schuldner die vorgenannten Bedingungen.

Das AG Sondershausen und das LG Mühlhausen haben die Festsetzung einer Einigungsgebühr (Nr. 1000 Abs. 1 S. 1 RVG-VV) abgelehnt mit der Erwägung, dass die in dieser Vorschrift vorausgesetzte Beseitigung eines "Streits oder der Ungewissheit eines Rechtsverhältnisses" vorliegend nicht in Betracht käme. Eine bloße Ratenzahlungsvereinbarung stelle keinen Vertrag über ein "Rechtsverhältnis" dar, sondern regele lediglich die Pflichten aus dem Rechtsverhältnis im Rahmen der Zwangsvollstreckung. Zudem habe schon aufgrund des Schuldtitels gar kein Streit zwischen den Parteien hinsichtlich des Bestehens und Inhalts des Rechtsverhältnisses - der Verpflichtung des Schuldners zur Zahlung laufenden und rückständigen Unterhalts - bestanden.

Mit der weiteren Beschwerde verfolgt der Beschwerdeführer sein vorinstanzliches Begehren weiter. Er verweist insb. auf höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung (vgl. BGH JurBüro 2005, 309; KG AGS 2006, 65 [66]), wonach Ratenzahlungsvereinbarungen zweifelsfrei eine Einigungsgebühr im Sinne der Nr. 1000 Abs. 1 S. 1 RVG-VV auslösten.

2. Die weitere Beschwerde ist dem Grunde nach begründet.

Das LG hat rechtsfehlerhaft (§§ 33 Abs. 6 S. 2 RVG, 546 ZPO) die Festsetzung einer Einigungsgebühr abgelehnt.

a) Dabei kann offen bleiben, ob eine im Rahmen der Zwangsvollstreckung getroffene Ratenzahlungsvereinbarung für sich genommen tatsächlich kein "Rechtsverhältnis" zum Gegenstand hat, wie das LG annimmt (so auch Kessel DGVZ 2004, 179). Gegen eine solche Annahme spricht, dass der Begriff des "Rechtsverhältnisses" nach allgemeiner Meinung weit zu fassen ist (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 65. Aufl., § 779 Rz. 5 mit Rspr.-Nachw.) und daher nicht recht einleuchtet, wieso die in einer Ratenzahlungsvereinbarung konstituierten Festlegungen (Zahlung eines monatlichen Betrags auf der einen Seite, Absehen von weiteren Zwangsvollstreckungsmaßnahmen auf der anderen Seite) nicht auch ein Gefüge von Rechten und Pflichten im weiteren Sinne begründen oder bereits bestehende modifizieren sollen. Der Umstand, dass die auf einen turnusmäßig zu entrichtenden Teilbetrag reduzierte Zahlung aus Sicht des Schuldners lediglich ein Minus ggü. der bereits titulierten (vollen) Leistungspflicht darstellt, steht dem nicht entgegen. Denn jedenfalls aus Sicht des Gläubigers ist damit ein Verzicht auf sofortige und vollständige Befriedigung verbunden. Auch die Erwägung des LG, die Bedingungen einer Ratenzahlungsvereinbarung hätten zu keinem Zeitpunkt im Streit gestanden, vermag nicht ohne Weiteres zu überzeugen, weil insoweit das in Nr. 1000 Abs. 1 S. 1 RVG-VV genannte Merkmal der Ungewissheit ausgeblendet wird. Wenn das LG der Ansicht sein sollte, es sei jederzeit (also auch bereits vor der zu diesem Punkt geführten Korrespondenz der Parteien) gewiss gewesen, dass der Gläubiger mit einer Ratenzahlung sein Einverständnis erklären werde, so erscheint das nicht plausibel.

b) Im Ergebnis braucht der Begründung der angefochtenen Entscheidung an dieser Stelle jedoch nicht weiter nachgegangen werden. Entscheidend ist, dass über den isolierten Wortlaut der Nr. 1000 Abs. 1 S. 1 RVG-V...

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