Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterhaltspflicht der Großeltern: Darlegungslast zur Leistungsfähigkeit der anderen Unterhaltspflichtigen; Rechtsverfolgung nach § 1607 Abs. 2 BGB vor Anerkennung oder Feststellung der Vaterschaft

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zu einem schlüssigen Klagevortrag bei der Inanspruchnahme der Großeltern gehört die Leistungsunfähigkeit der vorrangig zum Kindes-unterhalt verpflichteten Kindeseltern.

2. Vor Anerkennung oder Feststellung der Vaterschaft kann sich das Kind nicht nach § 1607 Abs. 2 BGB an die väterlichen Großeltern wenden.

 

Normenkette

BGB § 1607 Abs. 2; ZPO § 114

 

Verfahrensgang

AG M. (Beschluss vom 28.05.2009; Aktenzeichen 1 F 140/09)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Eine Kostenentscheidung sowie die Festsetzung des Beschwerdewertes sind im Verfahren über die Prozesskostenhilfe nicht veranlasst.

 

Gründe

I. Der Antragsteller, geboren am 7.2.2006, nimmt die Antragsgegner als seine (von ihm angegebenen) Großeltern väterlicherseits auf Kindesunterhalt im Wege der Stufenklage ab dem 1.1.2009 in Anspruch. Der Vater des Antragstellers zahlt seit dem 1.1.2009 keinen Unterhalt mehr.

Der von dem Antragsteller angegebene Kindesvater hat sich durch Urkunde des Landratsamtes Gotha vom 2.5.2006 (Beurk.- Reg.-Nr. 0375/2006) verpflichtet, an den Antragsteller ab dem 7.2.2006 einen monatlichen Kindesunterhalt i.H.v. 130 EUR zu zahlen. In der Urkunde gibt der Kindesvater seinen Beruf mit "Pilot, z Z arbeitsuchend" an.

Der Antragsteller hat die Antragsgegner vorprozessual mit Schreiben vom 24.11.2008 unter Fristsetzung zum 10.12.2008 aufgefordert, Auskunft über ihre Einkommensverhältnisse zu erteilen und einen Mindestunterhalt i.H.v. 72 EUR zu zahlen.

Das AG hat die Parteien mit Schreiben vom 23.4.2009 darauf hingewiesen, dass zur Vaterschaft des Sohnes der Antragsgegner bisher noch nicht ausreichend vorgetragen worden sei. Die Rechtswirkungen der Vaterschaft könnten erst ab Anerkennung oder gerichtlicher Feststellung geltend gemacht werden. Dies gelte auch dann, wenn die Vaterschaft des Dritten unstreitig sei. Vor Anerkennung oder Feststellung der Vaterschaft könne sich das Kind nur nach § 1607 Abs. 2 BGB an die Mutter, ersatzweise an die mütterlichen, nicht aber an die väterlichen Großeltern wenden.

Bisher fehle jeglicher Vortrag zu den Voraussetzungen einer Sekundärhaftung der Antragsgegner. Ein Anspruch des Kindes gegen die Großeltern auf Ersatzhaftung bestehe nur dann, wenn beide Elternteile nicht leistungsfähig seien bzw. sich der Leistung entziehen oder ein Titel nicht vollstreckbar sei.

Bei Leistungsunfähigkeit des barunterhaltspflichtigen Elternteiles trete vor Haftung von dessen Eltern zusätzlich zur Betreuung und unter Wegfall des Privilegs aus § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB der andere Elternteil ein. Bisher sei zur Leistungsunfähigkeit der Kindermutter und des Kindesvaters nicht ausreichend vorgetragen. Der Vortrag, der Kindesvater berufe sich darauf, als Student nicht leistungsfähig zu sein, genüge nicht.

Das AG hat dem Kläger mit Beschluss vom 28.5.2009 Prozesskostenhilfe verweigert und die Begründung aus dem Hinweis vom 23.4.2009 wiederholt.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 14.7.2009.

Der Antragsteller beruft sich zum Nachweis dafür, dass der Sohn der Antragsgegner sein Vater sei, auf die Geburtsurkunde des Kindes.

Er führt an, die Kindesmutter lebe derzeit von Bafög i.H.v. 756 EUR und Einnahmen aus einer Nebentätigkeit i.H.v. 100 EUR. Sie erhalte für Colin Unterhaltsvorschuss i.H.v. 117 EUR und Kindergeld i.H.v. 164 EUR.

Sie habe ein Girokonto, welches um Null geführt werde sowie eine Lebensversicherung, die in kleinsten Schritten bedient werde. Der Rückkaufswert der Lebensversicherung betrage derzeit insgesamt 150 EUR. Des Weiteren verfüge die Kindesmutter über ein kleines Auto, das sie selbst nutze. Es datiere aus dem Baujahr 2003 und sei mittlerweile über sechs Jahre alt.

Das Gesamteinkommen der Großeltern mütterlicherseits - bestehend aus Arbeitseinkommen und Steuererstattung - belaufe sich auf 1775 EUR. Die Großeltern wohnten des Weiteren mietfrei in einem selbstgenutzten Haus. Dieses datiere aus dem Jahre 1965 und habe lediglich ein Grundstück von 66 m2. Ein Wohnvorteil dürfte einen Betrag i.H.v. 250 EUR nicht übersteigen.

Der Selbstbehalt der Großeltern mütterlicherseits sei damit unterschritten. Sie seien zur Leistung von Unterhaltsbeträgen für ihren Enkel nicht in der Lage. Zu berücksichtigen sei auch, dass für die Fahrten zur Arbeit erhebliche Fahrtkosten anfielen.

Das AG hat der Beschwerde mit Beschluss vom 15.7.2009 nicht abgeholfen und zur Begründung weiter ausgeführt, die Klägerpartei habe in der Beschwerdeschrift nichts zur Leistungsunfähigkeit des Kindesvaters vorgetragen. Der Vortrag, der Kindesvater würde keine Zahlungen erbringen, sei nicht ausreichend, um eine Sekundärhaftung der Antragsgegner zu begründen.

Der Antragsteller hat im Beschwerdeverfahren vorgetragen, die Unterhaltsvorschusskasse zahle monatlich 117 EUR. Der Kindes...

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