Leitsatz (amtlich)

Setzt sich eine Nichtabhilfe-Entscheidung des Erstgerichtes überhaupt nicht mit dem Beschwerde-vorbringen auseinander, sondern besteht allein aus der Nichtabhilfe und Vorlage an das Beschwerdegericht, so kann diese Entscheidung vom Beschwerdegericht aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung nach § 572 ZPO an das Erstgericht zurückverwiesen werden.

 

Verfahrensgang

LG Gera (Beschluss vom 10.06.2004; Aktenzeichen 6 O 1207/03)

 

Tenor

Der Nichtabhilfebeschluss des LG Gera v. 5.7.2004 wird aufgehoben und die Sache zur Durchführung eines ordnungsgemäßen Nichtabhilfeverfahrens an das LG Gera zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt dem Erstgericht vorbehalten.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

Mit Beschluss v. 10.6.2004 hat das Erstgericht den Prozesskostenhilfeantrag des Beklagten mangels hinreichender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverteidigung zurückgewiesen. Dagegen legte der Beklagte form- und fristgerecht sofortige Beschwerde ein. Mit Beschluss v. 5.7.2004 half das Erstgericht der sofortigen Beschwerde nicht ab und legte sie zur Entscheidung dem OLG Jena vor.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache insoweit Erfolg, als der Nichtabhilfebeschluss v. 5.7.2004 aufzuheben und die Sache zur Durchführung eines ordnungsgemäßen Nichtabhilfeverfahrens an das Erstgericht zurückzuverweisen war.

§ 572 Abs. 1, S. 1 ZPO sieht seit der Neufassung der ZPO im Verfahren der sofortigen Beschwerde zunächst die Durchführung eines Abhilfeverfahrens vor. Der Gesetzgeber hat damit dem Umstand Rechnung getragen, dass der vorherige Rechtszustand, der bei der sofortigen Beschwerde keine Abhilfe ermöglichte, allgemein als unbefriedigend empfunden wurde, weil das Beschwerdegericht auch mit solchen Verfahren befasst werden musste, bei welchen bereits das erstinstanzliche Gericht eine Abänderung seiner Entscheidung für geboten hielt. Das setzt allerdings voraus, dass der erstinstanzlich tätige Richter das Vorbringen des Beschwerdeführers zur Kenntnis nimmt und sich damit auseinandersetzt (OLG Nürnberg v. 4.8.2003 - 13 W 2362/03, MDR 2004, 169 = OLGReport Nürnberg 2004, 38).

Dies war vorliegend nicht der Fall. Der Nichtabhilfebeschluss v. 5.7.2004 geht in keiner Weise auf das Vorbringen in der Beschwerdeschrift ein. Es fehlt somit vorliegend an der zur effektiven Nachholung des rechtlichen Gehöres erforderlichen Kenntnisnahme des Beschwerdevorbringens. Dies stellt einen schweren Verfahrensfehler dar. Das Abhilfeverfahren verlöre zudem bei einer solchen Verfahrensweise jeden Sinn. - Die Sache war daher an das Erstgericht zur Durchführung eines ordnungsgemäßen Abhilfeverfahrens zurückzugeben.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens war dem Erstgericht vorzubehalten.

Die Rechtsbeschwerde war zuzulassen, da die Frage der Durchführung des Abhilfeverfahrens mit der damit verbundenen Frage der Gewährung effektiven rechtlichen Gehörs in einem solchen Abhilfeverfahren grundsätzliche Bedeutung hat (574 Abs. 1 und 2 ZPO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 1312128

OLGR-Ost 2005, 203

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