Verfahrensgang

AG Erfurt (Beschluss vom 16.06.2010; Aktenzeichen 36 F 47/10)

 

Tenor

1. In Abänderung des Beschlusses des AG - Familiengericht - Erfurt vom 16.6.2010, Az: 36 F 47/10, wird der Verfahrenswert für das erstinstanzliche Verfahren auf 2.544,45 EUR festgesetzt.

2. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Das AG hat auf den am 14.1.2010 dort eingegangenen Scheidungsantrag der Antragstellerin mit Beschluss vom 10.6.2010 die Ehe der Parteien geschieden und das Versorgungsausgleichsverfahren durchgeführt.

Dabei hat das AG die Anwartschaften der Ehefrau bei der ... Lebensversicherung dem Ausgleich nicht unterzogen (§ 18 Abs. 2 VersAusglG).

Mit Beschluss vom 16.6.2010 setzte das AG den Verfahrenswert für die Ehescheidung auf 5.088,90 EUR und den des Versorgungsausgleichsverfahrens unter Berücksichtigung dreier Anrechte sowie eines 10-prozentigen Anteils des in drei Monaten erzielten gemeinsamen Nettoeinkommens von 5.088,90 EUR auf 1.526,67 EUR fest und ließ die Beschwerde hinsichtlich der Festsetzung ausdrücklich zu.

Mit seiner in eigenem Namen erhobenen Beschwerde vom 1.7.2010 erstrebt der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin die Anhebung des Verfahrenswertes für das Versorgungsausgleichsverfahren auf 2.544 EUR unter Berücksichtigung des Ansatzes von fünf Anrechten der Eheleute. Zur Begründung macht er geltend, dass angleichungsdynamische und nichtangleichungsdynamische Anrechte einer Partei nicht als ein Anrecht, sondern als zwei Anrechte zu behandeln seien.

Das AG hat der Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin mit Beschluss vom 6.7.2010 nicht abgeholfen und die Akten dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die Beschwerde ist gem. § 59 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 57 FamGKG sowie § 32 Abs. 2 RVG statthaft und im Übrigen in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden; insbesondere ist sie fristgerecht (§§ 59 Abs. 1 Satz 3, 55 Abs. 3 Satz 2 FamGKG) eingelegt worden. Mit der begehrten Festsetzung des Verfahrenswerts für den Versorgungsausgleich auf 2.544 EUR statt 1.526,67 EUR wird der nach § 59 Abs. 1 Satz 1 FamGKG erforderliche Beschwerdewert auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Werte der Scheidungssache und der Versorgungsausgleichs-Folgesache zusammenzurechnen sind (§ 44 Abs. 1 FamGKG), erreicht. Ausweislich des Verhandlungsprotokolls ist im Verhandlungstermin auch der Versorgungsausgleich mündlich erörtert worden, so dass für den Beschwerdeführer hinsichtlich des Versorgungsausgleichs neben der Verfahrensgebühr auch die Terminsgebühr entstanden ist. Einer Zulassung der Beschwerde - wie durch das AG geschehen - nach § 59 Abs. 1 Satz 2 FamGKG bedurfte es mithin nicht, da der Beschwerdewert von 200 EUR ersichtlich überschritten und die Beschwerde deshalb bereits gem. § 59 Abs. 1 Satz 1 FamGKG zulässig ist.

Der Senat entscheidet über die Beschwerde in voller Besetzung, da die gem. §§ 59 Abs. 1 Satz 5, 57 Abs. 5 FamGKG an sich zuständige Einzelrichterin das Verfahren wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache dem Senat übertragen hat.

Die Beschwerde führt im Umfang des Beschlusstenors zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung.

Das AG hat das nach dem 1.9.2009 eingeleitete Versorgungsausgleichsverfahren zutreffend unter Anwendung des ab dem 1.9.2009 geltenden Rechts durchgeführt.

Die Berechnung des Verfahrenswerts richtet sich dementsprechend, wie das Familiengericht zutreffend dargestellt hat, nach § 50 Abs. 1 FamGKG. Danach beträgt der Verfahrenswert in Versorgungsausgleichssachen für jedes Anrecht 10 Prozent, bei Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung für jedes Anrecht 20 Prozent des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten, insgesamt mindestens 1.000 EUR.

Das AG hat für die Wertermittlung darüber hinaus beanstandungsfrei das Nettoeinkommen der Ehegatten zum Zeitpunkt der Einreichung des Scheidungsantrages seiner Berechnung zugrunde gelegt. Die Frage, welcher Zeitpunkt für die Bewertung des Nettoeinkommens maßgebend ist, wird allerdings nicht einheitlich beantwortet (Schneider/Wolf/Volpert, a.a.O., § 50 Rz. 12; Hartmann, Kostengesetze, 40. Aufl., § 50 FamGKG Rz. 4 und 5; Enders, JurBüro 2009, 341; Schneider, FamRZ 2010, 87 ff; Grabow, FamRB 2010, 93).

Ausgangspunkt ist § 34 FamGKG. Danach gilt in Antragsverfahren der Wert bei erstmaliger Antragstellung und in Verfahren, die von Amts wegen eingeleitet werden, der Zeitpunkt der Fälligkeit der Gebühr.

Der Senat schließt sich der Auffassung von Schneider (a.a.O.) und Thiel (in Schneider/Wolf/Volpert, a.a.O., § 50 Rz. 16) an und stellt auf den Zeitpunkt der Einreichung des Scheidungsantrages ab (§ 34 Satz 1 FamGKG). Denn bei dem Versorgungsausgleichsverfahrens handelt es sich um ein Antragsverfahren, da letztlich erst mit dem Scheidungsantrag auch die Verbundsache Versorgungsausgleich eingeleitet wird. Ein von Amts wegen einzuleitendes (isoliertes) Versorgungsausgleichsverfahren ist dem Gesetz fremd. Es ist vielmehr an den Sche...

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