Verfahrensgang

LG Gera (Beschluss vom 07.11.1997; Aktenzeichen 4 O 1802/97)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Prozeßkostenhilfebeschluß des Landgerichts Gera vom 07.11.1997, Az.: 4 O 1802/97, wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Die Kläger beabsichtigen als Erben ihres zwischenzeitlich verstorbenen Vaters H. für die Nichtauszahlung eines 1940 bei der Gerichtskasse des Amtsgerichts Jena hinterlegten Geldbetrages von 30.000 Reichsmark Klage auf Zahlung von 30.000 DM gegen den Beklagten zu erheben. Hilfsweise verlangen sie von dem Beklagten Entschädigung i.H.v. 14.000 DM. Für die beabsichtigte Klage haben sie einen Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe gestellt, den das Landgericht durch Beschluß vom 7.11.1997 zurückgewiesen hat.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Kläger, die nicht zu einem anderen Ergebnis führen kann.

Den Klägern steht – wie das Landgericht in seinem angefochtenen Beschluß zutreffend festgestellt hat – weder ein Anspruch auf Auszahlung des durch Prozeßvergleich vom 20.12.1944 zu Gunsten ihres verstorbenen Vaters freigegebenen Hinterlegungsbetrages nach der Hinterlegungsordnung, noch ein Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung oder aus einem anderen Rechtsgrund zu.

Ein Herausgabe- bzw. Erstattungsanspruch ist bereits gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes vom 5. Nov. 1957 (AKG; BGBl. 1957 I, 1747) erloschen.

Das Reich war bei seinem Zusammenbruch konkursreif (BVerfGE 15, 126, 135). Da das allgemeine Konkursrecht für einen Staatsbankrott weder gedacht noch geeignet ist (Jaeger/Weber, KO, 8. Aufl., § 213, Anm. I 1 b), mußten spezielle Regelungen getroffen werden (BVerfGE, a.a.O.). Hierbei war auf die künftige Finanzwirtschaft und dadurch mittelbar die künftige Staatspolitik Rücksicht zu nehmen; im Vordergrund stand nicht die Abrechnung über die Vergangenheit, sondern die Schaffung einer Grundlage für die Zukunft (BVerfGE, a.a.O., S. 141). Gestützt auf Art. 134 Abs. 4 GG und Art. 135 a GG a.F. (eingefügt durch Gesetz vom 22. Oktober 1957, BGBl. I, S. 1745, jetzt: Art. 135 a Abs. 1 GG) hat der Gesetzgeber im Jahre 1957 das Allgemeine Kriegsfolgengesetz erlassen. Darin durfte zur Bereinigung des Staatsbankrotts ohne Verstoß gegen Art. 14 GG die Erfüllung von Verbindlichkeiten verweigert werden (BVerfG 23, 153, 166 m.w.N.). Mit Inkrafttreten des Bundesrechtes im Beitrittsgebiet gemäß Art. 8 des Einigungsvertrages gilt nach dessen Anlage I, Sachgebiet A, Abschnitt I Nr. 12 das AKG zumindest der Erlöschenstatbestand des § 1 AKG sowie § 2 AKG fort (vgl. hierzu eingehend BGH 5. Zivilsenat, 03.07.1998, Az.: V ZR 34/97). Nach der in der Entscheidung des 5. Zivilsenates des Bundesgerichtshofs vom 03.07.1998 (Az.: V ZR 34/97, 1. Juris-Datei) zitierten Stellungnahme der Bundesregierung vom 9. Februar 1999 ist hierdurch für das Beitrittsgebiet grundsätzlich von einer abgeschlossenen Regelung des Kriegsfolgengesetzes gem. §§ 1 und 2 AKG – soweit nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt ist – auszugehen, so daß alle von diesem Gesetz erfaßten Ansprüche erloschen sind.

In diesem Sinne ist hier auch der von den Klägern geltend gemachte Anspruch erfaßt. Mit der Hinterlegung des Geldbetrages von 30.000 RM im Jahre 1940 ist er gemäß § 7 Abs. 1 HintO in das Eigentum des Reiches übergegangen und wurde aufgrund des staatlichen Bankrotts nicht an den Erblasser trotz seines am 28.03.1945 gestellten Auszahlungsantrages ausgezahlt, so daß ein Anspruch bereits gemäß § 1 Abs. 1 AKG erloschen war.

Soweit die Kläger auf ausländisches Vermögen ihres Vaters abstellen möchten, kann dies auch nicht die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage begründen. Der Vortrag der Kläger läßt bereits die Darlegung konkreter Umstände vermissen, wonach der Erblasser H. als Ausländer zu betrachten war. Der Umstand, daß der Erblasser ausweislich der beigefügten Kopie seines Reisepasses mit Datum vom 28.01.1939 Staatsangehöriger der Freien Stadt D war, reicht angesichts des zur Akte gereichten Gerichtsbescheides des Verwaltungsgerichts Weimar vom 18.12.1996 (Az.: 4 K 36/95. We) und des darin enthaltenen Schreibens des Ministeriums der Finanzen der DDR vom 14. April 1955, der Erblasser H. besitze seit dem 25. November 1939 die deutsche Staatsangehörigkeit, nicht zur Annahme aus, dieser sei Ausländer gewesen. Es kommt hinzu, daß die Hinterlegung durch Frau E erfolgte, hinsichtlich derer nichts für den Status einer Ausländerin spricht.

Aus den vorgenannten Gründen besteht auch für den beabsichtigten Hilfsantrag der Kläger auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 14.000 DM ebenfalls keine hinreichende Erfolgsaussicht (§ 114 Abs. 1 ZPO).

 

Unterschriften

Dr. Proetel, Erbarth, Steigerwald

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1516365

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge