Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwertbemessung in Ehesachen: Ermittlung des Einkommens der Beteiligten

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Streitwertfestsetzung in Ehesachen bei Bezug von SGB II-Leistungen, Kindergeld, Erziehungsgeld und Spesen.

 

Normenkette

GKG § 48 Abs. 3 S. 1; RVG § 32 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Erfurt (Beschluss vom 21.10.2009; Aktenzeichen 32 F 756/06)

 

Tenor

Der Beschluss des AG - Familiengericht - Erfurt vom 21.10.2009 in der Fassung der Teilabhilfeentscheidung vom 18.2.2010 wird abgeändert.

Der Streitwert für die Ehesache wird auf 4.914,24 EUR festgesetzt.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Zwischen den Parteien war ein Ehescheidungsverfahren anhängig, bei dessen Einleitung die Antragstellerin Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II; Kindergeld für ein gemeinsames und zwei weitere Kinder sowie Erziehungsgeld bezogen hat.

Im Termin der mündlichen Verhandlung vom 21.10.2009, auf den das AG die Ehe der Parteien mit rechtskräftigen Urteil vom 21.10.2009 geschieden hat, hat es die beabsichtigte Streitwertfestsetzung mit den Parteien erörtert, worauf der Antragsgegner erklärte, zum Zeitpunkt der Anhängigkeit der Ehesache arbeitslos und ohne Einkünfte gewesen zu sein.

Das AG hat darauf mit dem in der Sitzung verkündeten Beschluss den Streitwert für die Ehescheidung auf 2.000 EUR sowie den des Versorgungsausgleichs auf 1.000 EUR festgesetzt.

Gegen diese Wertfestsetzung richtet sich die Beschwerde des Rechtsanwaltes S. mit der er vorbringt, dass sowohl die ALG II - Leistungen, das Kinder- sowie das Erziehungsgeld der Antragstellerin bei der Festsetzung des Streitwertes zu berücksichtigen seien.

Darüber hinaus führt er aus, dass der Antragsgegner ausweislich des Jahreslohnkontos entgegen seiner Behauptung im maßgeblichen Zeitraum ein Einkommen von 2.360 EUR bezogen habe, so dass ein Streitwert für die Ehesache von 10.668 EUR festzusetzen sei

Das AG hat mit Beschluss vom 18.2.2010 der Beschwerde teilweise abgeholfen und den Streitwert für die Ehesache auf 4.386 EUR festgesetzt sowie im Übrigen das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG sind auf das vorliegende Verfahren die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, dem 1.9.2009, geltenden Vorschriften anzuwenden, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. BGH FamRZ 2010, 357 m.w.N.).

Die aus eigenem Recht des Rechtsanwaltes S. eingelegte Beschwerde ist somit nach §§ 32 Abs. 2 RVG, 68 GKG statthaft. Da der Wert der Beschwer nach dem Begehren des Beschwerdeführers 200 EUR übersteigt und das Rechtsmittel im Übrigen verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden ist, ist es auch zulässig.

Allerdings führt die Beschwerde lediglich im Umfang des Beschlusstenors zum Erfolg.

In Ehesachen ist der Wert des Streitgegenstandes unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien durch das Gericht nach Ermessen zu bestimmen (§ 48 Abs. 2 Satz 1 GKG). Während zu den übrigen Bemessungsfaktoren nähere Ermessungskriterien fehlen, ergibt sich aus § 48 Abs. 3 Satz 1 GKG hinsichtlich der Bewertung der Einkommensverhältnisse, dass von dem in 3 Monaten erzielten Nettoeinkommen der Eheleute auszugehen ist. Hierbei handelt es sich um einen Ausgangswert, der im Hinblick auf die übrigen Umstände des Einzelfalls für die abschließende Wertfestsetzung in dem gesetzlich vorgeschriebenen Rahmen von 2.000 EUR bis 1 Million EUR (§ 48 Abs. 2 Satz 2 GKG) zu erhöhen oder aber herabzusetzen ist.

Das dreimonatige Nettoeinkommen bestimmt sich dabei nach den letzten drei Monaten vor Einreichung des Scheidungsantrages (vgl. Meyer, GKG, 10. Aufl., § 48 Rz. 21 m.w.N.), mithin vorliegend unter Berücksichtigung des Zeitraumes von April 2006 bis Juni 2006.

a) Insoweit ist dem Ansatz des AG in seinem Teilabhilfebeschluss vom 18.2.2010 nicht zu folgen, als lediglich ein Nettoeinkommen des Antragsgegners i.H.v. 1.000 EUR zugrunde gelegt wurde. So hat der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 12.11.2009 zur Glaubhaftmachung der Einkommensverhältnisse des Antragsgegners eine Kopie des Jahreslohnkontos vorgelegt, aus dem sich unschwer das maßgebliche Einkommen des Antragsgegners ermitteln lässt.

Danach hat der Antragsgegner von April 2006 bis Juni 2006 ein Bruttoeinkommen von insgesamt 3.676,19 EUR (1.171,21 EUR + 1.252,49 EUR + 1.252,49 EUR) bezogen, so dass sich nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge von insgesamt 669,07 EUR sowie der Steuerbelastung von 89,74 EUR ein Nettoeinkommen von 2.917,38 EUR ergibt, was einem Monatsnettoeinkommen von 972,46 EUR entspricht.

Darüber hinaus hat der Antragsgegner im maßgeblichen Zeitraum Aufwandsentschädigungen i.H.v. insgesamt 4.082,62 EUR (1.334,88 EUR + 1.373,87 EUR + 1.373,87 EUR) erhalten, die allerdings nicht in voller Höhe herangezogen werden können, da Spesen insoweit ...

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