Entscheidungsstichwort (Thema)

Schlüssiger Klagevortrag bei Inanspruchnahme der Großeltern väterlicherseits; Verhältnis §§ 1607 Abs. 1, 2 und § 1613 BGB

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zu einem schlüssigen Klagevortrag bei der Inanspruchnahme der Großeltern gehört die Leistungsunfähigkeit der vorrangig zum Unterhalt verpflichteten Kindesmutter, die Betreuungsunterhalt erbringt.

2. Zu einem schlüssigen Klagevortrag bei der Inanspruchnahme der Großeltern väterlicherseits gehört auch die Darlegung der Einkommenssituation der Großeltern mütterlicherseits.

3. Der Anspruch aus § 1607 Abs. 1 und Abs. 2 BGB wird durch die Sondervorschrift des § 1613 BGB begrenzt.

 

Normenkette

BGB § 1606 Abs. 2, § 1607 Abs. 1-2, § 1613

 

Verfahrensgang

AG Gotha (Beschluss vom 08.04.2005; Aktenzeichen 17 F 905/04)

 

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Eine Kostenentscheidung sowie die Festsetzung des Beschwerdewertes sind im Verfahren über die Prozesskostenhilfe nicht veranlasst.

 

Gründe

Die am 16.7.1985 geborene Antragstellerin nimmt die Antragsgegner, ihre Großeltern väterlicherseits als Verwandte in gerader Linie, auf Unterhalt für die Zeit vom 1.7.1998 bis 16.7.2003 i.H.v. (61 Monate à 53,69 EUR =) 3.275,09 EUR in Anspruch.

Seit der Trennung der Eltern nach ihrer Geburt lebte die Antragstellerin bei ihrer Mutter. Der Kindesvater hat sich durch Urkunde des Rates des Kreises G., Jugendhilfe, vom 3.9.1985, Beurk.-Reg.-Nr.: 392/85, verpflichtet, für die Antragstellerin einen monatlich im Voraus zu entrichtenden Unterhalt i.H.v. 90 Mark der DDR bis zum vollendeten 12. Lebensjahr und i.H.v. 105 Mark der DDR ab dem 13. Lebensjahr zu zahlen.

Sie macht geltend, der Kindesvater habe seit Mai 1997 bis zu ihrer Volljährigkeit keinen Unterhalt gezahlt und sich auch über einen langen Zeitraum der Vollstreckung der Unterhaltsansprüche entzogen. Diese seien nunmehr nicht mehr durchsetzbar, da der Kindesvater noch zwei weiteren minderjährigen Kindern zum Unterhalt verpflichtet sei und über kein unterhaltsrelevantes Einkommen verfüge. Eine Ersatzhaftung der Großeltern bestehe gem. § 1607 Abs. 1, 2 BGB, wenn zwar eine Unterhaltsverpflichtung des Kindesvaters bestehe, diese aber gegen den Vater nicht durchsetzbar sei.

Die Kindesmutter habe vor allem nach dem Auslaufen der Leistungen des Jugendamtes ihren Naturalunterhalt allein bestritten, ohne dass der Kindesvater sie unterstützt habe.

Die Antragsgegner machen geltend, die Antragstellerin habe sie für die Vergangenheit nicht in Verzug gesetzt. Sie seien erstmals mit Schreiben vom 13.7.2004 zur Zahlung rückständigen Unterhalts aufgefordert worden.

Das AG hat der Antragstellerin Prozesskostenhilfe verweigert und zur Begründung ausgeführt, die beabsichtigte Rechtsverfolgung habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Die Antragstellerin lasse offen, ob der Anspruch auf § 1607 Abs. 1 oder Abs. 2 BGB gestützt werde. Die Antragstellerin habe keine Ausführungen zur Leistungsfähigkeit der Kindesmutter und des Antragsgegners gemacht.

Dies könne aber dahinstehen, da die Antragstellerin für den Zeitraum vom 1.7.1998 bis 16.7.2003 rückständigen Unterhalt fordere. Rückständiger Unterhalt könne nur geltend gemacht werden, wenn die Voraussetzungen des § 1613 Abs. 1 BGB ggü. dem Ersatzhaftenden vorlägen. Die Antragstellerin habe jedoch erst mit Schreiben vom 8.7.2004 Ansprüche gegen die Antragsgegner geltend gemacht.

Hiergegen richtet sich sofortige Beschwerde der Antragstellerin. Sie führt an, da es zu einem Übergang der Forderung gegen den Unterhaltsschuldner auf die Ersatzhaftenden komme, beziehe sich der Forderungsübergang auch auf den Zeitraum vor Fristsetzung verbunden mit den Fristsetzungen und dem eingetretenen Verzug für den eigentlichen Unterhaltsschuldner.

Die Antragsgegner verteidigen die Entscheidung I. Instanz. Sie wenden ein, die Kindesmutter habe Sozialhilfe bezogen. Der Kindesvater sei insoweit leistungsunfähig gewesen.

Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und diese zur Entscheidung vorgelegt.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthaft und im Übrigen in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden; insb. ist sie fristgerecht eingelegt worden.

In der Sache ist sie jedoch unbegründet, da die Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg hat.

Zwar kann die Antragstellerin die Antragsgegner als ihre Großeltern im Grundsatz auf Unterhalt in Anspruch nehmen, nachdem ihr eigentlich barunterhaltspflichtiger Vater nach § 1607 Abs. 1 BGB als nicht leistungsfähig anzusehen bzw. nach § 1607 Abs. 2 BGB die Rechtsverfolgung gegen ihn als erheblich erschwert anzunehmen ist, wobei § 1607 Abs. 2 BGB auch auf die Nichteintreibbarkeit von Unterhalt bei Verurteilung des Unterhaltsschuldners aus bloßer fiktiver Leistungsfähigkeit anzuwenden ist (Palandt/Diederichsen, BGB, 64. Aufl., § 1607 Rz. 11, 12; OLG Karlsruhe v. 15.1.1991 - 18 UF 117/89, FamRZ 1991, 971).

Gleichwohl hat das AG der Antragstellerin zu Recht Prozesskostenhilfe verweigert, da die Kindesmutter trotz der Bestimmung des § ...

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