Entscheidungsstichwort (Thema)

Familienrechtlicher Ausgleichsanspruch. Konkludente Annahme einer Abtretung. Mutwilligkeit und Arglisteinrede

 

Leitsatz (amtlich)

1. Kein familienrechtlicher Ausgleichsanspruch bei einer Unterhaltsvereinbarung der Eltern, gegen unentgeltliche Überlassung von Praxisräumen auf Kindesunterhalt für bestimmte Zeit zu verzichten.

2. Die Annahme einer Abtretung ist konkludent darin zu sehen, dass die Klägerin die Abtretungserklärung im Termin zu den Gerichtsakten gereicht und damit ggü. dem Beklagten als Gläubiger angezeigt hat.

3. Die zwischen den Eltern verabredete Freistellung von Unterhaltsansprüchen stellt eine Erfüllungsübernahme dar.

4. Die Erfüllungsübernahme begründet für den Schuldner einen Befreiungsanspruch, den der Beklagte der Klägerin entgegen halten kann.

 

Normenkette

BGB § 151 S. 1, § 1613 Abs. 1; ZPO § 114

 

Tenor

Der Klägerin wird Prozesskostenhilfe für die Rechtsverfolgung in der Berufungsinstanz verweigert.

 

Gründe

I. Die Parteien waren verheiratet. Aus ihrer Ehe ist das (volljährige Kind) M. O., geboren am 6.12.1988, hervorgegangen.

Die Parteien haben am 27.4.2004 eine handschriftliche Vereinbarung geschlossen. Der Beklagte hat sich in Ziff. 1. verpflichtet, der Kindesmutter die in seinem Anwesen angemieteten Praxisräume für die von der Klägerin betriebene Praxis für Physiotherapie für mindestens fünf Jahre ab dem 1.5.2004 mietfrei zur Verfügung zu stellen. In Ziff. 4 wurde vereinbart, dass die Klägerin hierfür auf Kindesunterhalt für die gemeinsamen Kinder C. und M. verzichtet und das staatliche Kindergeld erhält.

Mit der am 22.12.2006 bei Gericht eingereichten Klageschrift hat das Kind M. O., gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter, den Beklagten auf Kindesunterhalt für den Zeitraum Mai 2004 bis Dezember 2006 i.H.v. 7012,81 EUR in Anspruch genommen.

Mit Schriftsatz vom 10.4.2007 hat die Kindesmutter erklärt, sie klage in Prozessstandschaft für das Kind M..

Das Kind M. O. hat mit Erklärung vom 7.5.2007, überreicht von der Klägerin im Termin vom 18.5.2007, seine Unterhaltsforderungen gegen den Beklagten i.H.v. 269 EUR/Monat für den Zeitraum Mai 2004 bis August 2005 und i.H.v. 208,37 EUR für den Zeitraum September 2005 bis Dezember 2006 an die Klägerin abgetreten.

Das Kind M. O. hat mit Erklärung vom 2.6.2007, übereicht mit Schriftsatz des Beklagten vom 8.6.2007, die Abtretungserklärung schriftlich widerrufen.

Die Klägerin hat vorgetragen, ein Verzicht auf Kindesunterhalt sei jedoch gesetzlich nicht möglich.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, ihr gemeinsamer Sohn M. habe den Abtretungsvertrag nicht widerrufen können, weil es sich um eine vertragliche Vereinbarung gehandelt habe, die nur durch Vertrag abgeändert oder aufgehoben werden könne.

Sie stütze ihren Anspruch auch vorsorglich auf den ihr zustehenden familiengerichtlichen Ausgleichsanspruch.

Nach Aufnahme einer Lehrausbildung durch das Kind M. sei der Beklagte durch Schreiben vom 10.10.2006 zur Zahlung von Kindesunterhalt aufgefordert worden. Der Beklagte sei weder bereit, rückständigen noch laufenden Kindesunterhalt zu zahlen.

M. habe ein Lehrlingsentgelt i.H.v. 285 EUR erhalten. Abzüglich der monatlichen Aufwendungen i.H.v. 75 EUR (Hefte, Bücher, Kopiergeld Schule 5 EUR, Essensgeld 15 EUR, Internetanschluss 25 EUR, Telefonkarte 15 EUR, Kleidung 15 EUR) und abzgl. Fahrgeld i.H.v. 88,73 EUR verblieben 121,27 EUR: 2 = 60,63 EUR. Rechne man diesen Betrag auf den Unterhaltsanspruch für M. an, so verbleibe ein Unterhaltsanspruch i.H.v. 208,37 EUR, der ab Oktober 2005 zu leisten sei.

Die Klägerin habe das Kind M. mit dem Pkw zur Schule und zur Montage gefahren. Es seien insgesamt Fahrtkosten i.H.v. (440 km + 880 km =) 1320 km à 0,25 km = 330 EUR angefallen.

Während der Trennung der Parteien hätten mündliche Abreden zur weiteren gemeinsamen Nutzung der Ehewohnung, der Praxisräume etc. bestanden. Nachdem eine gemeinsame Nutzung der Ehewohnung trotz Trennung nicht mehr tragbar gewesen sei, habe der Beklagte seiner Ehefrau eine Wohnung mietfrei im Anbau des Wohngrundstückes bis zur Scheidung zur Verfügung gestellt, was er jedoch per 29.11.2005 gekündigt und gerichtlich eingeklagt habe. Im Verfahren vor dem LG Gera, Az. 6 O 1077/06 sei die Ehefrau zur Zahlung von Mietzins ab März 2006 für die von ihr und den gemeinsamen Kindern bewohnte Wohnung verurteilt worden.

Die Vereinbarung habe im Zusammenhang mit der dann strittig gewordenen Ehewohnung gestanden. Der Beklagte habe sich nicht an diese gütlichen Vereinbarungen gehalten und somit dem Moment Wirksamkeit gegeben, Unterhalt leisten zu müssen.

Da dem Beklagten bewusst gewesen sei, dass die Ehefrau im Ort keine anderweitigen Räume, die zum Führen einer Massagepraxis geeignet seien, finden könne, sei die Vereinbarung geschlossen worden. Der Beklagte habe sich durch die Klage auf Zahlung von Nutzungsentgelt für die Wohnung und nunmehriger Kündigung der Praxisräume selbst aus der Vereinbarung gelöst, so dass er unterhaltspflichtig für diesen Zeitraum sei.

Unterhalt für die Vergangenheit ...

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