Verfahrensgang

SG Gotha (Urteil vom 24.10.1994; Aktenzeichen S-5/An-117/94)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 24. Oktober 1994 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Fortführung seines durch Klagerücknahme beendeten Rechtsstreits.

Der 1920 geborene und in …/Thüringen wohnhafte Kläger meldete sich zum 14. März 1990 in Ludwigshafen am Rhein polizeilich an, lebte aber nach eigenen Angaben (Erklärung vom 2. Juli 1990) noch teilweise in der ehemaligen DDR. In der Zeit vom 11. April 1990 bis 1. Mai 1990 befand er sich nach eigenen Angaben zu einer Kur in Tschechien. Am 19. Juni 1990 meldete er sich nach … um. Seit 1. März 1991 wohnt er nach eigenen Angaben wieder in … und besucht im Sechs-Wochen-Abstand seinen Sohn in ….

Den Antrag des Klägers auf Versichertenrente lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12. September 1990 ab, weil sich der Kläger zu diesem Zeitpunkt gewöhnlich in der DDR aufgehalten habe, und wies, den eingelegten Widerspruch zurück. Die Klage vor dem Sozialgericht Speyer (Az.: S 8 A 218/90) nahm der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 28. August 1991 zurück.

Am 23. Oktober 1993 beantragte der Kläger die Überprüfung seines Anspruchs und erhob am 3. Dezember 1993 Klage beim Sozialgericht in Speyer. Das Gericht hat den Rechtsstreit mit Beschluß vom 18. Januar 1994 an das zuständige Sozialgericht Gotha verwiesen.

Die Sitzungsniederschrift der öffentlichen Sitzung des Sozialgerichts Gotha vom 17. Mai 1994, in der der Kläger persönlich anwesend war, enthält folgende Feststellung: „Der Kläger erklärt: Ich nehme die Klage zurück und erkläre den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. L.d.u.g. Auf nochmaliges Vorspielen wird verzichtet”. – Die Abkürzung „L.d.u.g.” steht dabei nach einer bei den Sozialgerichten gängigen Praxis für die Worte „Laut diktiert und genehmigt”. – Nach dem Protokoll hat die Verhandlung von 10.15 Uhr bis 12.50 Uhr gedauert.

Am 24. Mai 1994 hat der Kläger weitere Unterlagen über sein Heilverfahren in Tschechien vorgelegt und mit Schreiben vom 5. Juni 1994 (eingegangen am 10. Juni 1994) erklärt, daß er gegen den Verhandlungsablauf und das Ergebnis Einspruch erhebe. Dazu hat er wörtlich angeführt: „Wenn ich schließlich nach dreistündigem Gerichtsverlauf dem Drängen der Richterin zustimmte und meinen Antrag zurücknahm, so geschah dies in einer Art Erschöpfung für beide Teile. Für mich kam hinzu, daß ich dem Geschehen nicht 100-prozentig folgen konnte, weil die Fensterfront im Rücken von mir störende Verkehrsgeräusche eindringen ließen und weil sich die Richterin eines vermutlich störanfälligen Sprechgeräts bediente. Gerichtsseitige Zeitnot führte schließlich zur Frage der Richterin, ob ich meinen Antrag zurückziehe, da ja auch der nächste Termin bereits um zwei Stunden überzogen war. Ich gab mein Ja zur Antwort”. Später hat er diese Äußerungen in einem an den Präsidenten des Landessozialgerichts gerichteten Schreiben vom 6. August 1994 wie folgt ergänzt: „Meine Zweifel an einem ordentlichen Gerichtsvorgang begründe ich damit, daß die Richterin unter Zeitdruck stand, daß sie mich nur unvollständig anhörte, daß ich von ihr wiedergegebene Worte nicht richtig verstand auf Grund von Lärm von außen und indem der Gerichtssaal eine schlechte Akustik bot. Unter diesem Druck und unter erkenntlichem Zeitdruck bei der Richterin gab ich meine Zustimmung zum Abschluß, im Bewußtsein, daß dies kein Abschluß sein kann und ich den Vorgang nochmals aufleben lasse”.

Das Sozialgericht Gotha hat durch Urteil vom 24. Oktober 1994 festgestellt, daß das Verfahren S 5 An 117/94 durch Klägerücknahme in der mündlichen Verhandlung am 17. Mai 1994 in der Hauptsache erledigt sei. Zur Begründung hat es ausgeführt, eine Wiederaufnahme des Verfahrens in analoger Anwendung der §§ 179 Abs. 2, 180 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) scheide ebenso aus wie eine Wiederaufnahme in analoger Anwendung des § 179 Abs. 1 SGG i.V.m. den §§ 578 bis 591 der Zivilprozeßordnung (ZPO), da deren Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfüllt seien. Eine Anfechtung der Rücknahmeerklärung nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts komme nicht in Betracht.

Gegen das ihm am 22. November 1994 durch Niederlegung zugestellte Urteil hat der Kläger am 2. Dezember 1994 Berufung mit der Begründung eingelegt, er habe einen Anspruch auf den Differenzbetrag der Rente West zu Ost für die Zeit vom 14. März 1990 bis zum 1. Februar 1991. Er halte das Verfahren nicht für erledigt. Zwar habe er bei der Sitzung am 17. Mai 1994 eine Erklärung abgegeben, daß er einverstanden sei, daß das Verfahren zum Schluß komme, und er sei sich auch darüber im klaren gewesen, daß die Sache beendet sei, im Stillen habe er jedoch gedacht, daß er nochmals anfangen könne.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 24. Oktober 1994 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12. September 1990 zu verurtei...

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