Entscheidungsstichwort (Thema)

Restitutionsklage im sozialgerichtlichen Verfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

Voraussetzung einer Restitutionsklage im sozialgerichtlichen Verfahren ist, dass das aufgehobene Urteil präjudizielle Wirkung für das in Frage stehende Urteil in der Weise hat, dass die tatsächlichen Feststellungen oder die rechtlichen Erwägungen der aufgehobenen Entscheidung für das Urteil mitbestimmend waren; ein bloßer Parallelfall genügt insoweit nicht.

 

Normenkette

SGG § 179 Abs. 1; ZPO § 580 Nr. 6

 

Verfahrensgang

SG Gotha (Aktenzeichen S 4 KR 438/95)

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 24.07.2006; Aktenzeichen B 1 KR 6/06 BH)

 

Tenor

Die Klage des Klägers auf Wiederaufnahme des Berufungsrechtsstreits Az.: L 3 KR 10/97 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Wiederaufnahme des mit rechtskräftigem Urteil des Thüringer Landessozialgerichts abgeschlossenen Berufungsverfahrens Az.: L 3 KR 10/97.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 6. Dezember 1994 die Übernahme zusätzlicher Kosten für eine auf hochgoldhaltiger Legierung (Typ: Degunorm R) basierende Zahnersatzversorgung für fünf Zähne der rechten Kieferhälfte ab. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 13. März 1995).

Das Sozialgericht Gotha hat auf die Klage (Az.: S 3 KR 438/95) ein Sachverständigengutachten des Prof. Dr. L. vom 2. Februar 1996 eingeholt. Demnach sei die von der Beklagten beabsichtigte Versorgung mit Palladiumbasis-Legierungen wegen der Korrosionsgefahr nicht angezeigt. Als Alternativen kämen Goldbasis-Legierungen (insbesondere hochgoldhaltige Legierungen), Kobaltbasis-Legierungen und Titan in Betracht. Darauf hin hat das Gericht die Beklagte mit Urteil vom 21. August 1996 (Az.: S 3 KR 438/95) unter Aufhebung ihrer Bescheide verurteilt, dem Kläger 185,16 DM zu zahlen. Die Versorgung mit einem hochgoldhaltigen Zahnersatz (Typ: Degunorm R) sei u.a. medizinisch erforderlich, um Wechselwirkungen von durch die Beklagte als ausreichend erachteten geringwertigeren Legierungen mit bereits im November 1993 eingegliederten hochgoldhaltigem Zahnersatz zu vermeiden. Auf die mit Beschluss des Sozialgerichts vom 11. Dezember 1996 zugelassene Berufung hat der 3. Senat des Thüringer Landessozialgerichts mit Urteil vom 28. Februar 2002 das Urteil des Sozialgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen (Az.: L 3 KR 10/97). Die Nichtzulassungsbeschwerde hat das Bundessozialgericht mit Beschluss vom 17. Oktober 2003 (Az.: B 1 KR 30/02 B) als unzulässig verworfen.

Zuvor war der Kläger aufgrund eines Heil- und Kostenplans vom 16. Juli 1993 im November 1993 mit vier Kronen hochgoldhaltiger Legierung (Typ: Herador SG) in der linken Kieferhälfte versorgt worden. Die beklagte AOK – Die Gesundheitskasse in Thüringen lehnte die Bewilligung der Mehrkosten mit Bescheid vom 15. November 1993 und Widerspruchsbescheid vom 28. Februar 1994 ab. Das Sozialgericht Gotha verpflichtete die beklagte AOK mit Urteil vom 11. April 1997 (Az.: S 3 KR 294/94) unter Abänderung ihrer Bescheide, der behandelnden Zahnärztin des Klägers als Beigeladene 80,00 DM nebst 4 v.H. Zinsen seit dem 1. Juni 1994 als Kostenerstattung für eine goldhaltige Zahnersatzlegierung zu zahlen und wies im Übrigen die Klage ab. Die Berufung des Klägers wies der 3. Senat des Thüringer Landessozialgerichts mit Urteil vom 28. Februar 2002 (altes Az.: L 3 KR 311/97) zurück. Das Bundessozialgericht hob das Urteil auf die Beschwerde mit Beschluss vom 16. Dezember 2003 (Az.: B 1 KR 5/03 B) auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Thüringer Landessozialgericht zurück. Zuständig war nunmehr der erkennende Senat. Das Verfahren (Az.: L 6 KR 70/04 ZVW) wurde auf Anregung des Senatsvorsitzenden („Vor Vernehmung der Zeugin T. ist der Ausgang für den Senat offen. Insofern bin ich der Ansicht, dass zur Erledigung des Rechtsstreits eine Übernahme der beantragten Kosten von 50 v.H. sinnvoll wäre. … Umgerechnet ergibt dies einen Betrag von ca. 50,00 Euro. Ich bitte die Beteiligten bereits im Vorfeld zu klären, ob ein solcher Vorschlag angenommen wird. In diesem Fall würde sich die Vernehmung der Zeugin erübrigen.”) durch außergerichtlichen Vergleich beendet, wonach die Beklagte 50,00 EUR an die beigeladene und behandelnde Zahnärztin des Klägers ohne Anerkennung eines Anspruchs zu zahlen hatte.

Mit Schriftsätzen vom 28. Juni und 18. Juli 2004 hat der Kläger um Wiederaufnahme des Verfahrens Az.: L 3 KR 10/97 und hilfsweise Neubescheidung durch die Beklagte beantragt.

Er ist der Auffassung seine Restitutionsklage sei gemäß § 179 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 580 Nr. 6 der Zivilprozessordnung (ZPO) zulässig, weil das Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 28. Februar 2002 (Az.: L 3 KR 311/97) durch Beschluss des Bundessozialgerichts vom 16. Dezember 2003 (Az.: B 1 KR 5/03 R) aufgehoben und durch den Vergleich im Berufungsverfahren (Az.: L 6 KR 70/04 ZVW) „endgü...

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