Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Eingliederungsleistungen. Einstiegsgeld. Erforderlichkeit. Überwindung der Hilfebedürftigkeit

 

Orientierungssatz

Die Erforderlichkeit des Einstiegsgeldes iS von § 16b Abs 1 S 1 SGB 2 beurteilt sich ua nach den Zielvorgaben des § 3 Abs 1 S 1 SGB 2. Eine Erforderlichkeit der Eingliederungsleistung in diesem Sinne kann nur vorliegen, wenn ein Eingliederungserfolg mit hinreichender Sicherheit vorausgesagt werden kann. Eine Förderung nach § 16b SGB 2 ist ausgeschlossen, wenn die angestrebte Erwerbstätigkeit keinerlei berechtigte Chance und Hoffnung zulässt, dass sie auf Dauer die Hilfebedürftigkeit beendet.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 05.08.2015; Aktenzeichen B 4 AS 46/14 R)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 15. März 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Gewährung von Einstiegsgeld für die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung.

Der Kläger, seine Ehefrau und seine beiden minderjährigen Kinder bezogen laufende Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Am 16. Oktober 2009 beantragte der Kläger telefonisch die Bewilligung von Einstiegsgeld nach § 16b SGB II für eine am selben Tag begonnene Tätigkeit bei dem regionalen Versandservice “Der E.„ auf der Basis von 60 Arbeitsstunden bei einem monatlichen Grundgehalt von EUR 405,00 (Arbeitsvertrag ohne Datum, Bl. 3 ff. d. VwA, Hefter). Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 09. November 2009 (Bl. 8 d. VwA.) ab, der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 08. Februar 2010 (Bl. 22 f. d. VwA.) zurückgewiesen. Der Stundenlohn des Klägers liege mit EUR 6,75 im ortsüblichen Bereich. Das Lohnabstandsgebot zu nicht geförderten Beschäftigungsverhältnissen sei zwingend zu beachten. Bei Gewährung des Einstiegsgeldes sei der Kläger gegenüber Arbeitnehmern mit einer vergleichbaren nicht geförderten Tätigkeit deutlich bessergestellt.

Gegen die Bescheide erhob der Kläger am 11. März 2010 Klage zum Sozialgericht. Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 15. März 2011 abgewiesen. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Einstiegsgeld lägen nicht vor, da die Tätigkeit keinerlei berechtigte Chance auf die Hoffnung zulasse, die Hilfebedürftigkeit dauerhaft zu beenden.

Gegen das am 06. April 2011 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, die am 04. Mai 2011 beim Landessozialgericht eingegangen ist und mit der der Kläger weiterhin die Gewährung von Einstiegsgeld begehrt. Er weist auf seine mit der Tätigkeit verbundenen erheblichen Aufwendungen hin und auf den Umstand, dass er vom Beklagten zwischenzeitlich für eine auf drei Monate befristete Tätigkeit mit einer monatlichen Vergütung Einstiegsgeld erhalten habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 15. März 2011 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 09. November 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Februar 2010 zu verpflichten, ihm Einstiegsgeld zu bewilligen und auszuzahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen und das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen, die Gegenstand der geheimen Beratung waren.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu erklärt haben.

Die Berufung ist nach § 143 SGG statthaft und auch sonst zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben.

Auch die nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG erforderliche Beschwer ist erreicht. Der Sache nach begehrt der Kläger das höchst mögliche Einstiegsgeld für die Dauer der Beschäftigung, mithin vom 16. Oktober 2009 bis 24. Februar 2010. Die Höhe des monatlichen Einstiegsgeldes bemisst sich nach § 16b Abs. 2 und 3 SGB II i.V.m. der Verordnung zur Bemessung von Einstiegsgeld (Einstiegsgeld-Verordnung) vom 29. Juli 2009 (BGBl. I 2009, S. 2342). Nach § 1 Abs. 2 S. 1 der Verordnung beträgt der Grundbetrag höchstens 50 vom Hundert des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nach § 20 SGB II. Die maßgebliche Regelleistung betrug im hier streitigen Zeitraum monatlich EUR 359,00 (§ 20 SGB II i.V.m. der Bekanntmachung vom 17. Juli 2009, BGBl. I 2009, S. 1342). Für die vier Monate und neun Tage dauernde Beschäftigung ergibt sich ein Höchstförderbetrag von EUR 765,84. Damit ist der Berufungsstreitwert erreicht. Nichts anderes ergibt sich, wenn man von dem erstinstanzlich beantragten Betrag von 225,55 € m...

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