Verfahrensgang

SG Nordhausen (Urteil vom 14.05.1997; Aktenzeichen S 1 U 580/96)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers werden dasUrteil des Sozialgerichts Nordhausen vom14. Mai 1997 und der Bescheid der Beklagten vom 28. September 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 1996 aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, den Verlust des rechten Auges des Klägers, den dadurch verursachten Gesichtsfeldausfall und den Verlust des räumlichen Sehens als Folge des Unfalls vom 14. Februar 1995 anzuerkennen und dem Kläger eine Verletztenrente ab 1. Juni 1995 von 25 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die am 14. Februar 1995 dem Kläger durch seinen Hund zugefügten Bissverletzungen einem Arbeitsunfall zuzurechnen sind.

Der 1950 geborene Kläger ist Inhaber der Firma … Transporte in R.. Im unteren Stockwerk des von ihm bewohnten Einfamilienhauses befindet sich das Betriebsbüro, das nur zu dienstlichen Zwecken benutzt wird. Die vier Betriebsfahrzeuge werden auf einem etwa drei Kilometer von Wohnhaus und Büro entfernten Abstellgelände im Gewerbegebiet R. gelagert.

Ostern 1992 beschaffte sich der Kläger einen sieben bis acht Wochen alten Schäferhund, der sich in der Regel im Wohnhaus/Büro und auf dem dazugehörenden Freigelände aufhielt und in erster Linie das Haus, insbesondere in Abwesenheit des Klägers und seiner Ehefrau, bewachen sollte. Der Kläger nahm bei seinen Ausgängen zum Abstellgelände im Gewerbegebiet das nicht als Schutzhund ausgebildete oder als Wachhund angemeldete Tier mit. Nach seinen Angaben war der Hund bis zu dem Vorfall vom 14. Februar 1995 immer friedlich gewesen.

Am Abend dieses Tages arbeitet der Kläger in Anwesenheit seiner Ehefrau, der Zeugin P. im Büro und rechnete Frachten ab. Der Hund lag wie üblich unter seinem Stuhl. Gegen 19.00 Uhr wollte er aufstehen, um eine Akte von seiner Ehefrau entgegenzunehmen, stolperte und kam zu Fall und riss dabei den Stuhl um. Der Hund stürzte sich auf den Kläger und biss ihn in den Arm und in die rechte Gesichtshälfte.

Die Ehefrau vertrieb den Hund und führ den Kläger zum Arzt. Er wurde in der Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde der … Universität … aufgenommen. Dort wurden Hundebissverletzung mit Lidwunden und Bulbusruptur rechts, Wunden an der rechten Wange und am linken Unterarm diagnostiziert und der Kläger stationär behandelt. Der schwer zerstörte rechte Augapfel wurde am 15. Februar 1995 entfernt. Der postoperative Verlauf gestaltete sich regelrecht. Am 24. Februar 1995 wurde der Kläger aus der stationären Behandlung entlassen und war bis 31. Mai 1995 aus augenärztlicher Sicht arbeitsunfähig krank.

Nach Eingang der Unfallmeldung zog die Beklagte unter anderem den Entlassungsbericht des Prof. Dr. T. von der Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde der … Universität H. vom 27. Februar 1995 sowie einen Befundbericht des Augenarztes Dipl.-Med. S. vom 10. Juli 1995 bei und lehnte mit Bescheid vom 28. September 1995 ab, das Ereignis vom 14. Februar 1995 als Arbeitsunfall anzuerkennen, weil der Schäferhund in erster Linie zu privaten Zwecken als Haustier gehalten werde. Ein ursächlicher Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit bestehe nicht; die Gefahr zum Unfallzeitpunkt sei im Wesentlichen dem eigenwirtschaftlichen Bereich zuzurechnen.

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. April 1996 zurück.

Die ursprünglich bei Sozialgericht Gotha eingelegte und von dort mit Beschluss vom 12. Juni 1996 an das Sozialgericht Nordhausen verwiesene Klage hat dieses mit Urteil vom 14. Mai 1997 mit der Begründung abgewiesen, nach Überzeugung der Kammer sei der Schäferhund nicht allein für betriebliche, sondern auch für eigenwirtschaftliche Zwecke angeschafft worden. Tätigkeiten, die sowohl eigenwirtschaftlichen Zwecken wie auch unternehmerischen Zwecken dienten, stünden nur dann unter Unfallversicherungsschutz, wenn der dem Unternehmen dienende Teil der Tätigkeit nicht nur Nebenzweck, sondern wesentlicher Anlass für diese „gemischte Tätigkeit” sei. Der Aufenthalt des Hundes im Arbeitszimmer sei im Wesentlichen dem eigenwirtschaftlichen Bereich des Klägers zuzurechnen. Der Unfall hätte in jedem beliebigen anderen Zimmer und zu jedem anderen Zeitpunkt genau so stattfinden können und sei nicht Ausfluss einer versicherten Tätigkeit des Klägers.

Mit seiner Berufung hat der Kläger vorgetragen, tatsächlich habe sich der Unfall in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit als selbständiger Fuhrunternehmer bei der Büroarbeit ereignet. Deshalb müsse der Unfall als Arbeitsunfall anerkannt werden.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 4. Mai 1997 und den Bescheid der Beklagten vom 28. September 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 1996 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Verlust seines rechten Auges, den Gesichtsfeldausfall und Verl...

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