Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommens- oder Vermögensberücksichtigung. zugeflossene Mittel aus Überschussbeteiligung und Bewertungsreserven einer Kapitallebensversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

Während des SGB 2-Leistungsbezugs zufließende Mittel aus Überschussbeteiligung und Bewertungsreserven einer vor SGB 2-Antragstellung abgeschlossenen kapitalbildenden Lebensversicherung sind Vermögen, nicht Einkommen.

 

Normenkette

SGB II § 12 Abs. 2; SGB X § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3; SGG § 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 2

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 16. Februar 2012 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid.

Der am … geborene Kläger bezieht gemeinsam mit seiner am … geborenen Ehefrau und der am … geborenen Tochter seit Januar 2005 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Die Ehefrau des Klägers hatte eine 1992 beginnende kapitalbildende Lebensversicherung (…) bei der … mit einer für den Vertragsablauf am 01. Juni 2010 garantierten Versicherungssumme von 3.423,- EUR und zusätzlich bereits für den Ablauf garantierten Leistungen aus Gewinnanteilen sowie nicht garantierten Gewinnanteilen.

Mit Bescheid vom 26. August 2009 (Bl. 858 f. d. VwA.) bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum September 2009 bis Februar 2010 monatliche Leistungen in Höhe von EUR 435,86 (hier und im Folgenden jeweils Individualanspruch des Klägers). Mit Änderungsbescheid vom 14. Oktober 2009 (Bl. 873 f. d. VwA.) wurden für den genannten Zeitraum monatliche Leistungen in Höhe von EUR 450,86 bewilligt. Der dagegen gerichtete Widerspruchsbescheid blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 25. November 2009).

Im Zusammenhang mit einer Änderungsmitteilung gab der Kläger an, die zu Gunsten seiner Ehefrau bestehende Lebensversicherung sei gekündigt und in eine neue Unfallversicherung umgewandelt worden. Auf Aufforderung der Beklagten legte er eine Kündigungsbestätigung der Versicherungsgesellschaft vor. Danach erlischt die Versicherung am 01. November 2009. Zum Kündigungstermin ergebe sich ein Auszahlungsbetrag in Höhe von EUR 2.880,53. Die Auszahlung setze sich zusammen aus Beträgen von EUR 3.267,90 (Rückkaufswert ohne Überschussanteile), EUR 672,65 (Überschussanteile) und EUR 63,98 (Bewertungsreserven).

Daraufhin hob der Beklagte nach vorheriger Anhörung mit Schreiben vom 06. April 2010 (Bl. 1021 d. VwA.) die Bewilligung u. a. für November 2009 mit Bescheid vom 26. Mai 2010 (Bl. 1056 d. VwA.) teilweise auf und forderte die Erstattung von EUR 353,31, wobei dieser Betrag aus der Zahlung der Überschussanteile und Bewertungsreserven an die Ehefrau des Klägers beim Kläger als Einkommen berücksichtigt wurde. Die Lebensversicherung sei bereits früher bei der Vermögensprüfung berücksichtigt worden, so dass der Rückkaufswert nicht anzurechnen sei.

Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 26. Mai 2010 lautet u.a. wie folgt:

“…. Die Entscheidungen vom 26.08.2009 i.d.F.d. Änderungsbescheides vom 14.10.2009 und 05.02.2010 über die Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) werden vom 1. November 2009 bis 30. November 2009 und vom 1. März 2010 bis 31. März 2010 für Sie teilweise in Höhe von 407,24 EURO aufgehoben.„.

Gegen den Bescheid erhob der Kläger mit Schreiben vom 23. Juni 2010 (Bl. 1106 f. d. VwA.) Widerspruch, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. August 2010 (Az.: W 807/10, Bl. 1155 d. VwA.) zurückwies.

Gegen die Bescheide erhob der Kläger am 17. September 2010 Klage zum Sozialgericht. Das Sozialgericht zog Erkundigungen zu Modalitäten der Zahlung von Bewertungsreserven und Überschussanteilen ein (Auskünfte der Versicherung vom 14. September 2011 und 21. Dezember 2011) und hob die angefochtenen Bescheide durch Urteil vom 16. Februar 2012 auf, nachdem der Kläger sein Klagebegehren auf die Anrechnung der Überschussanteile und Bewertungsreserven im November 2009 beschränkt hatte. Das Sozialgericht hat in dem Urteil die Berufung zugelassen.

Gegen das Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der dieser die Aufhebung des Urteils und die Abweisung der Klage begehrt. Er vertritt die Ansicht, das Sozialgericht habe die Überschussanteile und Bewertungsreserven zu Unrecht als Vermögen angesehen. Diese seien Einkommen und daher im Zuflussmonat zu berücksichtigen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 16. Februar 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Das Sozialgericht habe die Überschussanteile und die Bewertungsreserven zu Recht als Vermögen angesehen und die Bescheide des Beklagten, soweit sie noch angefochten waren, aufgehoben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt d...

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